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nicht vernachlässigt werden. Aber in unserem Falle handelt es sich um einen Vergleich von Land- und Wasser-Arthropoden, und wir wissen, wie äußerst unvollständig unsere Kenntnisse der Landfaunen im Vergleich zu den Meeresfaunen früherer Perioden sind, wie viel geringere Aussichten Landtiere haben, uns fossil überliefert zu werden. So primitive Formen wie die Onychophora, denen man ein sehr hohes geologisches Alter nicht absprechen kann, sind meines Wissens fossil noch nicht bekannt, und das Fehlen größerer Skeletteile läßt nur sehr geringe Hoffnung, daß sie in geologisch älteren Schichten noch einmal fossil gefunden werden. Und auch die ursprünglichsten Arachnoideen könnten ein verhältnismäßig wenig festes Hautskelett aufgewiesen haben und uns daher nur in den allerseltensten Fällen überliefert werden. Daher glauben wir dem höheren geologischen Alter der Krustazeen und Merostomen gegenüber den Landarachniden keine entscheidende Bedeutung beilegen zu sollen.

Das Ergebnis unserer Untersuchung ist, daß die Merostomen von Landarachniden abstammen, und zwar von Formen, die den Skorpioniden äußerst nahe stehen. Daß solche Tiere zum Wasserleben übergehen konnten, zeigen uns die marinen Skorpioniden Palaeophonus und Proscorpius, wobei es dahingestellt bleiben mag, ob diese Tiere wirkliche Zwischenformen zwischen den Landarachniden und den Gigantostraken sind, oder nur Fälle paralleler Umbildung darstellen.


Der zweite Teil unserer Betrachtungen gilt der Frage nach der Differenzierung der Gigantostraken. Unsere Auffassungen weichen hier dadurch nicht unwesentlich von denen Clarke und Ruedemanns ab, als diese Autoren von Strabops als Prototypus der Gigantostraken ausgehen, wir dagegen eine skorpionidenähnliche Organisation mit 7gliedrigem Präabdomen, 5gliedrigem Postabdomen und gebogenem, spitzen Telson mit angeschwollener Basis für die ursprüngliche halten, und demnach in Eusarcus (Fig. 7) den primitivsten Typus der Gigantostraken sehen[1].

Besondere Beachtung verdient bei unserer Darlegung die bekannte Arbeit von Dollo, Paléontologie éthologique (1910), worin er für die Gigantostraken nachgewiesen hat, daß ein klarer Zusammenhang zwischen


  1. Die Grundlagen für unsere weiteren Betrachtungen gab uns die hervorragende Monographie von Clarke und Ruedemann, 1912. Es muß bemerkt werden, daß von keinem Gigantostraken große scherenförmige Pedipalpen bekannt sind, und es also nicht als feststehend betrachtet werden kann, daß diese ihrer Stammform zukamen, obwohl wir dies für wahrscheinlich halten möchten.
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Jan Versluys: Die Abstammung und Differenzierung der Gigantostraken. Gebrüder Borntraeger, Berlin 1923, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Versluys_Abstammung_und_Differenzierung_Gigantostraken.djvu/16&oldid=- (Version vom 1.8.2018)