gänzlich nahm, und nur zum Ersatz einige unbedeutende Zähnelungen an den Kiefern verlieh. Der Adel ist dadurch gefräßiger geworden, aber nicht geschickter zur Vertheidigung des Staates. Es mag deßhalb als eine große Versündigung am konstitutionellen Staatszwecke erscheinen, wenn man die Offiziere vorzugsweise aus dem adeligen Stande wählt. Die Pairs der Bienen haben keine kriegerische Bestimmung, sie verzehren nur ihre Renten, machen der Königin die Cour, und verbringen mit Essen und Trinken, Kinderzeugen und Nichtsthun ein ächt adeliges Leben. Sie tragen keine Waffe. – Die Königin dagegen besitzt den Stachel – er ist selbst länger und schärfer als derjenige des Arbeiters. In den Zweikämpfen mit ihren Nebenbuhlern, in dem Streite um Thron und Herrschaft bedient sie sich dieser furchtbaren Waffe, die selbst die eigene Nachkommenschaft, die Geschwister und Ebenbürtigen bedroht.
Es geht schon aus dem Vorigen hervor, daß der Bienenstaat aus dreierlei verschiedenen Kasten zusammengesetzt ist, die sich auch durch äußere Kennzeichen unterscheiden – aus einem Monarchen, der Königin – aus einer Pairie, den Drohnen – und aus dem dritten Stande, den Arbeitern. Die Königin ist das Weibchen – sie allein hat das Recht und die Fähigkeit, Eier zu legen – sie ist in Wahrheit der Inbegriff des ganzen Volkes, wie der frühere Republikaner Keller in Berlin das Volk definirt; – sie trägt wirklich eine Zeit lang ihr Volk im Keime in ihrem Hinterleibe mit sich herum.
Die Königin sieht den Arbeiterbienen ähnlicher als den Drohnen – der Thron stützt sich, den Anmaßungen des Adels gegenüber, auf den dritten Stand. Nur ist ihr Hinterleib bedeutend länger als derjenige der Arbeitsbienen,
Carl Vogt: Untersuchungen über Thierstaaten. Literarische Anstalt, Frankfurt am Main 1851, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Untersuchungen_%C3%BCber_Thierstaaten-Carl_Vogt-1851.djvu/62&oldid=- (Version vom 1.8.2018)