Partei sei es gesagt, dieser Bundespalast nicht von Stein, sondern einfach von Holz, und ruhte auf vier Pfählen, welche in steinernen Sockeln eingesenkt waren. Das Bienenhaus stand an einer alten Mauer, an welche es mit eisernen Kloben befestigt war – es lehnte sich, wie man sieht, an die bestehenden Verhältnisse an. Einige Lindenzweige überschatteten es. Man hatte, um den wühlerischen Ameisen keinen Zugang zu gestatten, die Sockel, auf welchen die vier Pfähle standen, oben schüsselförmig ausgehöhlt und mit Wasser gefüllt, so daß das Ganze insularisch abgesperrt war, bekanntlich eine der nothwendigsten Bedingungen zum Gedeihen einer konstitutionellen Monarchie. Die Ameisen sammelten sich in Schaaren auf den Sockeln – der See, welcher den Fuß der Pfähle umspülte, war zu breit für ihre Pioniere. Wir bewunderten selbst unseren Verstand, der durch solche Vorsichtsmaßregeln dem Instinkte der Ameisen zuvorgekommen war.
Nach einigen Tagen waren die Ameisen dennoch im Bienenhause. Sie hatten, als ächte Wühler, den Anschluß an die bestehenden Verhältnisse zum Ausgangspunkt für die Ausführung ihrer verderblichen Pläne benutzt und zogen in großen Schaaren an der alten Mauer hinauf und über die eisernen Kloben hinüber durch eine Ritze der hinteren Verkleidung in das Bienenhaus. Der Verstand brach die Kloben ab – zwar wurde der Bundesstaat hierdurch etwas weniger fest, und wankte, und knarrte bei heftigem Winde – aber man wollte um jeden Preis die social-demokratischen Söhne der Ameisenrepublik aus dem monarchischen Bienenstaatenbunde ausschließen. Einige Tage lang bewunderten wir auf’s Neue die Ueberlegenheit des menschlichen Verstandes über den Instinkt der Ameisen.
Carl Vogt: Untersuchungen über Thierstaaten. Literarische Anstalt, Frankfurt am Main 1851, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Untersuchungen_%C3%BCber_Thierstaaten-Carl_Vogt-1851.djvu/36&oldid=- (Version vom 1.8.2018)