Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815) | |
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Er trägt nicht Helm noch Panzer, nicht geht’s auf blut’gen Strauß,
In’s Wildbad will er reiten, wo heiß ein Quell entspringt,
Der Sieche heilt und kräftigt, der Greise wieder jüngt.
Zu Hirschau bei dem Abte, da kehrt der Ritter ein
Dann gehts durch Tannenwälder in’s grüne Thal gesprengt,
Wo durch ihr Felsenbette die Enz sich rauschend drängt.
Zu Wildbad an dem Markte, da steht ein stattlich Haus,
Es hängt daran zum Zeichen ein blanker Spieß heraus,
Den Quell besucht er täglich, der ritterliche Gast.
Wann er sich dann entkleidet und wenig ausgeruht
Und sein Gebet gesprochen, so steigt er in die Flut;
Er setzt sich stets zur Stelle, wo aus dem Felsenspalt
Ein angeschoßner Eber, der sich die Wunde wusch,
Verrieth voreinst den Jägern den Quell in Kluft und Busch,
Nun ist’s dem alten Recken ein lieber Zeitvertreib,
Zu waschen und zu strecken den narbenvollen Leib.
„Herr Graf! es zieht ein Haufe das obre Thal herab.
Sie tragen schwere Kolben, der Hauptmann führt im Schild
Ein Röslein roth von Golde und einen Eber wild.“
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0314.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)