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Dann barg er’s unter’m Kleide gut,
Und ging zu einem Quelle,
Da wusch er sich von Staub und Blut
Gewand und Waffen helle.

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Zurücke ritt der jung’ Roland,

Dahin, wo er den Vater fand,
Noch schlafend bei der Eiche.

Er legt’ sich an des Vaters Seit’,
Vom Schlafe selbst bezwungen,

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Bis in der kühlen Abendzeit

Herr Milon aufgesprungen:
„Wach auf, wach auf, mein Sohn Roland!
Nimm Schild und Lanze schnell zur Hand,
Daß wir den Riesen suchen!“

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Sie stiegen auf und eilten sehr,

Zu schweifen in der Wilde,
Roland ritt hinter’m Vater her
Mit dessen Speer und Schilde.
Sie kamen bald zu jener Stätt’

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Wo Roland jüngst gestritten hät,

Der Riese lag im Blute.

Roland kaum seinen Augen glaubt’,
Als nicht mehr war zu schauen
Die linke Hand, dazu das Haupt,

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So er ihm abgehauen,

Nicht mehr des Riesen Schwerdt und Speer,
Auch nicht sein Schild und Harnisch mehr,
Nur Rumpf und blut’ge Glieder.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0303.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)