der Gedanke zu dem Bilde, als müßten sich diese Beiden etwas Heimliches und Feierliches zu sagen gehabt haben, und – als konnten sie nicht so bald wieder an dieser Stelle zusammen kommen – und dennoch war Ruhe und Stille in ihrer Seele – denn das Mädchen schauet nicht auf den Geliebten, sie blickt auch nicht seitwärts, ob jemand Fremdes sich nahe – nein, sie wendet sich sinnend dem Kirchhofe zu und stehet so den Beschauer des Bildes mit dem Rücken zugewendet, während der Jüngling seitwärts herüber gebogen sie anblickt und uns so, im Profil nur, sichtbar wird.
Vielleicht würde mancher Andere, welcher nicht so wie Du, meine Elfriede, die Schönheit mit der Empfindung aufzufassen vermag, die Bemerkung machen können, daß Alles, was ich an dem Bilde rühmte, nur untergelegte Schönheit der eigenen individuellen Auffassung wäre, und daß der Künstler wohl schwerlich solche Wirkungen berechnet, noch ihrer gewärtig gewesen sey. Aber einen Solchen können wir beide kühn fragen: ob dieses Bild wohl dieselbe Wirkung thun würde, wenn ein einziges lebendiges Geschöpf auf der Straße sichtbar geworden, wenn der Kirchhof noch in Sonnenglanz vor uns gelegen, und die beiden Figuren im Vordergrunde, in einer anderen Stellung und Handlung, als im stillen Anschauen und im traulichen Gespräche begriffen, uns dargestellt worden wären? –
Noch ein ähnliches Bild, welches ich mit dem geschilderten sahe, bewies ebenfalls das hohe Talent, die Natur dem Gemüthe nahe zu bringen, wodurch dieser Künstler zum eigentlichen Seelenmaler wird. – Wem ist’s nicht oftmal still und heimlich im Gemüthe geworden – wenn er bei der Rückkehr von einem einsamen
Unbekannt: Ueber den Landschaftsmaler Friedrich in Dresden. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1816, Seite 739. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_den_Landschaftsmaler_Friedrich_in_Dresden_(1816).djvu/5&oldid=- (Version vom 7.9.2024)