Seite:Ueber den Landschaftsmaler Friedrich in Dresden (1816).djvu/4

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

und Gemüth zu geben weiß, hauchte auch in diese Zusammenstellung alleiniger Steinmassen eine Bedeutung, die freilich nur mit der Empfindung aufgefaßt werden kann, da sie aus ihr hervorgegangen ist. – Der Abendhimmel in röthlichem Glanze spiegelt magisch und lieblich sich in den Glasscheiben der seitwärts gelegenen Häuser. – Die Straßen sind menschenleer – und nichts, was an Geräusch erinnert, ist sichtbar. – Der Kirchhof ist schon in leise Dämmerung verborgen. – Das alte Gemäuer der Kirche mit seinen künstlichen Bildungen, seiner vielfach gewölbten Thüre schimmert dennoch deutlich in stiller Größe hervor, und das dunkele Kreuz auf einem der höchsten Thürme hebt sich hoch über die Wohnungen und das irdischen Treiben der Menschen, in den mit leisem rosigen Duft umzogenen Abendhimmel hinein. –

Aber was nun all dieser stillen Herrlichkeit, noch eine seelenvollere Bedeutung gab, war, daß ich nicht allein sie genoß und empfand, daß sie mit mir, auf dem Bilde selbst, ein liebendes Paar zu theilen schien, das vom Söller aus in die stillen Straßen hinabschaute und den in Dämmerung gehüllten Kirchhof überblickte, und die in dem Himmel hinauf steigenden Thürme, und das dunkele Kreuz auf dem rosigen Abendhimmel zu betrachten schien. – Beide schienen sich, wie ich mich selbst, zu fragen: – wer mag wohl vor alter langer Zeit die wunderbare Kirche erbaut haben? wer wohl alles auf den stillen Kirchhofe ruhen? wer dort wohnen in jenen Zimmern, in welche die Abendsonne ihre letzten Strahlen sendet? – wie schon so manches Auge mag hier die niedersinkende Sonne beschaut, ja vielleicht so manches Herz, an dieser Stelle, einem Anderen in bangem Scheiden das letzte Lebewohl zugeflüstert haben, wie wir uns heute! – Ja so war es – es gehörte

Empfohlene Zitierweise:
Unbekannt: Ueber den Landschaftsmaler Friedrich in Dresden. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1816, Seite 738. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_den_Landschaftsmaler_Friedrich_in_Dresden_(1816).djvu/4&oldid=- (Version vom 7.9.2024)