Seite:Ueber Regierungsformen.pdf/7

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

reden gelernt hat — der im verderblichsten Ueberflusse aufgewachsen ist — der die Leiden und Freuden, die Tugenden und Laster, die Anlagen und Kräfte seines Volkes[1] nicht kennt, auch nicht wohl anders als durch die Dollmetschung[2] seiner Diener und Schmeichler kennen lernen kann! — Und dieser Einzige kann Vorschriften erdenken, oder erdachte prüfen, durch deren Befolgung sein Volk glücklich werden soll???

Daß Diener der Alleinherrschaft und Gelehrte diese Frage mit einem lauten Ja beantworten würden, daran ist nicht zu zweifeln; denn außerdem, daß ihre Vernunft in der Schule Gewalt erlitten hat, ist es ja ganz natürlich, daß es dem Sklaven des Ehrgeizes eben so leicht werden muß, der Sklav desjenigen zu seyn, der seine Leidenschaft befriedigen kann, als ihm allgemeine Gleichheit schwer, ja unerträglich fallen müßte, wodurch er sich unter der Menge verlieren würde, welches er — nicht ganz mit Unrecht — für seinen Tod hält. Um aber ihre Thorheit vor sich selbst, und vor andern zu bemänteln, würden sie eine große Litanei von Uebeln erzählen, die alle von der

Empfohlene Zitierweise:
J. M. Afsprung: Ueber Regierungsformen. Schulbuchhandlung, Braunschweig 1790, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_Regierungsformen.pdf/7&oldid=- (Version vom 21.3.2017)
  1. Die Schauspieler und Figuranten, die ihn umgeben, muß man nicht für das Volk halten.
  2. Die nicht selten noch untreuer und unzuverlässiger ist, als die Dollmetschung des feilsten Griechen oder Ebräers in der Levante.