Seite:Uber den Einfluss des Korsetts auf die somatischen VerhaltnissPage24.png

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Die Schlußfolgerungen aus meinen Untersuchungen ergeben sich von selbst:

Das Korsett als Kleidungsstück normaler Frauen ist ohne jede Einschränkung zu verwerfen.

Die Behandlung von Hängebauch gehört, wie die der Skoliose oder des Plattfußes, ins Gebiet der orthopädischen Chirurgie.

Alle Formen des Korsetts vermehren die Lordose, sind daher nicht geeignet, den Hängebauch zu bekämpfen, im Gegenteil, sie werden sein Entstehen begünstigen.

Ähnliches gilt von der Enteroptose.

Wie sich die Frauen mit der Mode abfinden sollen, gehört nicht in den Rahmen dieser Untersuchungen und ver­ursacht mir kein Kopfzerbrechen. Vielleicht habe ich Gelegen­heit, mich ein andermal auch darüber zu äußern. Nur das eine sei noch gesagt: Gewisse Wahrheiten ringen sich am Ende stets durch und die Hygiene hat schon Festungen gestürmt, die stärker verschanzt waren als durch einen Frauenrock.

Nil novi sub coelo! Vor nahezu hundert Jahren ist die Schnürbrust auf der Wartburg feierlich verbrannt worden. Möge ihr Epigone, das Korsett, in Bälde von demselben Schicksal ereilt werden. Wollen aber unsere Frauen durchaus der Natur durch Kunst zuhilfe kommen, so mögen sie ihrer Brust eine bessere Pflege angedeihen lassen und statt des Korsetts ein Suspensorium mammae tragen, ein Rat, den be­reits Martial, des seligen Hyrtl Leibpoet, den alt­römischen Damen gibt:

Fascia crescentes dominae compesce papillas…

Der zweite Vers des Distichons hat nicht gerade ortho­pädischen Inhalt.




Verlag v. Moritz Perles, k. und k. Hofbuchhandlung. — Druckerei der k. Wiener Zeitung.