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allhie / und in den benachbarten Orten / an dem Gestade der Veistritz / nemlich zu Baltersdorff / Bischaffdorff / Gleyßdorff / Bela / (und daselbsten im Closter / von dem Er libro quarto fol. 482. zu lesen /) und Stubenberg / wie auch auff dem Berg Schökel / unzahlbar viel alte Sachen / und Schrifften / gefunden werden. Anno 1484. nahm diese Statt König Matthias auß Ungarn ein. Anno 1605. in dem Boskaischen Auffstand / seynd die Heyducken biß hieher / wie auch nach Feldbach / und Lutemberg / oder Lotomberg / gestreifft.


Grätz.

Diese Statt / so das Haupt deß gantzen Landes / sonsten aber in Unter-Steyer / an dem Hauptfluß der Muer / gelegen ist / wollen ihr viel für kein alte Statt halten; Theils aber derselben einen alten Nahmen geben / darinn sie sich aber nicht vergleichen können; wiewol deß Philippi Cluverii Meynung / der sie / in Beschreibung deß Norici, für deß Ptolemaei Muroëla hält / etlichen nicht übel gefällt / welchen Namen aber Petrus Bertius dem schönen Marcktflecken Muereck; Andere dem Marcktflecken Leibnitz / geben. Siehe / was Lazius hievon / und den Antiquitäten allhie / de Republ. Romana, fol. 127. 169. 584. und 617. Item, lib. 12. sect. 3. cap. 8. schreibet / welcher vermeynt / daß das besagte Wasser / die Muer / vor Zeiten Savaria geheissen / und von solchem auch die Statt selbsten also genant worden seye. In den alten Stifftsbrieffen wird diese Statt Bayrisch Grätz / das ist Gränitz / wie Aventinus will / geheissen; wiewol solchen Nahmen gemeldter Lazius für Windisch hält / als der ins gemein eine Statt / oder Burg bedeute; daher dann Bayrisch-Grätz / Windisch-Grätz an der Drab / Bili-Grätz / und Corni-Grätz / an den Gräntzen Crain / und Croatien / (Item / in Böheim Königin Grätz / und Grätzen im Rosenbergischen / hernach Schwanbergischen Ländlein / und Grätz im Voigtland /) kommen. Und sagt Er / daß von diesem Bayrisch Grätz / im Land Steyer / vor Zeiten gewisse Herren ihren Nahmen geführt haben / deren offt in den Briefen gedacht werde. Es ist zwar Grätz kein grosse / aber schön und wol erbaute Statt / so feine grosse Vorstätte / und ein hüpsches wolgebautes Land herum hat. An dem besagten Wasser liegt sie nach der Länge / und eben / hernach ziehet sie sich etwas gegen dem Berg. Ist zimlich fest / und mit einem Wahl / und den Bollwercken / auch schönen starcken Thoren versehen. Sonderlich aber wird das Obere Schloß / so hoch auff einem Berg / (der um und um frey / und felßechtig ist / und dem gantzen Land herum gebieten kan) lieget / fast für unüberwindlich gehalten. In der Statt ist die Burg / oder Ertzhertzogliche Residentz / darinn ein schöne Fürstliche Bibliothec in 2. Zimmern / von geschriebenen und getruckten Büchern; darvon der Gang / oder die gallerie, mit alten Gemäldten / vom Käiser Carls deß Fünfften Thaten / gezieret ist. Gleich daran ist die Fürstliche Kunstkammer / ein weitläufftig grosses Wesen / darinn / unter andern Raritäten / auch etliche Heydnische Götzen / so die Americaner angebetet haben. Es ist da die inner Oesterreichische Regierung / dahin alle appellationes auß Steyer / Kärndten / Crain / der Windischen March / und Görtz / gehen. Dahero / und der Landtäge / auch anderer Zusammenkünfften halber / so in dieser Statt zum öfftern angestellet werden: Wie imgleichem wegen der Academie / und der zween fürnehmen Märckt / so jährlich allda zu Mittfasten / und auff S. Aegidii, gehalten werden / und jeder 14. Tag währet / es stäts einen grossen Adel / auch viel ander Volck / neben einer feinen / und vermöglichen Burgerschafft / und Handthierung / allhie gibt / und viel Zuführens von unterschiedlichen Orten / auch gar auß Ungarn / dahin ist; und deßwegen man da um ein billiches fein zehren kan; wiewol der Weinwachs / und Traidbau / noch hierum so stattlich nicht ist / dieweil sich erst die Berg oberhalb von einander zu thun anheben / und unter der Statt das Feld / so man nach ihr das Grätzerfeld nennet / je länger je weiter wird. Das Regiment der Statt bestehet bey Burgermeister / Richter / und Rath. Benebens hat es auch / ausser der oberwehnten Regierung / deren Haupt der Statthalter ist / etliche geheime Käiserliche Räth allhie / so den höchsten Gewalt haben: Wie auch Cammer-Räth / der Cammergüter / und Landsfürstlichen Einkommen halber; und wegen deß Landes / einen Landshauptmann / Landsverweser / Verordnete oder Außschüß von Praelaten / Herren / und Ritterschafft; einen Land-Marschallen / Beysitzer der Landrechten / etc. LandEinnehmer / oder Pfenningmeister / und andere Ampts- und Dienstpersonen mehr. Von Geistlichen Gebäuen seynd allhie zu sehen 1. beym Eisenthor / die schöne Pfarrkirch / zum H. Blut genant. 2. Neben der Stattmauer ein vornehmes Nonnen-Closter. 3. S. Aegidii Kirchen / bey obgedachter Burg / oder Ertzhertzoglichen Residentz / so die Jesuiter innen haben / und die inwendig auffs herrlichste gezieret ist / sehr schöne / und grosse Altär / darinn etliche Heyligthum seyn sollen / hat. Und seynd auch der Heiligen Ignatii Lojolae, und Francisci Xaverii, Bildnussen sehr künstlich gemalet / und mit theuren Steinen gezieret / da zu sehen. Hinden daran hat man ein schöne runde Kirch mit 3. Thürnen / auff Italianische Art / vor die Fürstliche Begräbnussen erbauet / darinn Ihr Käiserl. Majest. Ferdinandus der Ander / und dero Erste Gemahlin / Frau Maria Anna, ein geborne Hertzogin auß Bayern / neben dero ältisten Herren Sohn / Ertzhertzog Johann-Carolo, ruhen. Gegen gedachter S. Aegidii Kirchen / so hoch liget / über / haben ermeldte Jesuiter ein ansehnliches Collegium, und was zu solchem gehörig. Es ist daselbst ein offentliche / und privilegierte Hohe Schul / und ein ansehenlicher Saal / darinnen Doctores, und Magistri, pflegen gemacht / und andere Actus publici, celebrirt zu werden; wie es dann ein grosse Frequentz / und Zulauff / allda von Studenten hat. 4. Bey dem Muerthor ist die schöne Kirch / und Closter der Nonnen S. Clarae Ordens / darinn Höchstgedachten Käisers Ferd. II. Hertz / bey dero Höchstgeehrten

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Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_202.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)