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Lintz gelegen; daselbst Herr Helmhart Jörger Freyherr / als gewester Herr dieses Orts / einen fürtrefflichen Garten beym Schloß / in demselben aber ein herrliche Bibliothec / die man gar hoch geschätzet / vor dem nächsten Böhmisch- und Oesterreichischen Krieg / angerichtet / die aber nicht mehr allda seyn solle; wiewol der Zeit diesen Ort wolgedachten Herren Jörgers / Freyherrn / etc. Herr Aidam / oder Tochtermann / Herr N. Ungnad / etc.


Steyer.

Diß ist ein schöne wolerbaute und eine auß den sieben Landsfürstlichen Stätten in Ober-Oesterreich / an der Steyr / und der Enß / so allda zusammen kommen / gelegen / von welchen beyden Wassern auch die zwo schöne / und von steinern Häusern / wie die Statt selbsten auch / stattlich erbaute Vorstätte / Steyrdorff / und Enßdorff / den Nahmen haben. Es hat auch ein Fürstliche Burg / oder Schloß / und vor der Religionsänderung ein gute Schul / und viel reicher vornehmer Leut allda gehabt / die folgends anderer Orten sich nieder gelassen: Theils seynd auch in den Adelichen / und Ritterstand kommen / und haben ihnen Landgüter erkaufft. Es gibt gleichwol noch / deß Eisenhandels halber / ein fein Gewerb / und Nahrung / auch viel Messerschmid; und schöne Weibsbilder / daselbsten. Auß der besagten Steyer wird das Wasser auff einen hohen Thurn geleitet / von welchem solches hernach in die Häuser und Brunnen der Statt geführet wird. Wolffgangus Lazius lib. 12. Comment. Reipubl. Rom. sect. 7. cap. 3. schreibet / daß die Boii, als sie auß Italia gezogen / zu den Tauriscis sich begeben / und mit ihnen den Steyrischen Strich um die Thonau herum / so sich auß dem Mittländischen Norico, biß an die Thonau erstreckt / bewohnt haben / von welchen Tauriscis auch der Nahme Steyer / oder Steyrmärcker / von ihnen aber die Statt Steyer / und die sehr alte / und grosse Graffschafft in Ober-Oesterreich; und von derselben Grafen / die Marggrafen / und hernach Hertzogen im Land Steyer herkommen seyen; wie dann noch diese Statt Steyer / nemlich ein weiß Panterthier / deme zum Rachen und Ohren Feuer außgehet; in einem grünen Schild / führet. Und setzet er der gedachten Grafen von Steyer Stammenbaum am 1065. Blat. Und sagt vorhero daß unter den Tauriscis, oder Styris, auch die Gesatae gewohnt / welche mit den Boiis auß Italia gezogen / und die Statt Gesodunum, deren Ptolemaeus gedencket / erbauet haben / so eben unsere Statt Steyer seye / von welchem noch Gastenthal / das sich bey der Statt Steyer anfahe / und an den Gräntzen deß Landes Steyer ende / den Nahmen führe: Wie er dann mit mehrerm daselbst hievon handelt; wiewol wir wissen / daß er seinen Muthmassungen bißweilen zuviel zumisset / und ihme nicht jederman allenthalben Beyfall giebet. Besiehe unten Waidhofen.

Ausserhalb der Statt Steyer / und einen zimlichen Weg davon / ligt das schöne / und reiche Closter Gärsten / ins gemein von der Statt Steyergärsten / oder Garsten / und in den alten Brieffen / wie besagter Lazius bezeuget / Gastense genant / so Sehens werth ist. Marggraff Ottacarus II. auß Steyer hat solches gestifftet / dessen Sohn Ottocarus der III. auch daselbst begraben ligt. Und daher haben auch die Herrn Grafen von Losenstein / so von denselben Herren Marggrafen / wie man schreibt / herkommen / noch ihre Erbbegräbnuß / und Capellen in diesem Closter Garsten / daselbsten vor ohngefehr 300. Jahren / vom Jahr 1551. zuruck zu rechnen / ein stattlicher Römischer Schatz gefunden worden ist; wie abermals Lazius schreibet. Und gehört solchem Closter Steyer-Gärsten der schöne Flecken Weyer / den man / so man vom Eisenärtzt nach Steyer räiset / ein wenig auff der Seiten liegen lasset.

Es ligt besagte Statt Steyer 4. Meilen von Lintz / und hat in dem Krieg / so die beyde Brüder / Käiser Friederich der Vierte / und Albertus Hertzog zu Oesterreich / miteinander geführt / wol was außgestanden / davon Gerardus de Roo lib. 8. Annalium. Austr. zu lesen. Anno 1626. haben die Ober-Enserische Bauren Steyer eingenommen.

Es ist nicht weit von Steyer ein Schloß / und Herrschafft Gschwend / Herrn Grafen von Losenstein gehörig.


Erklärung der Ziffer der Statt Steyer.

1. Käiserliche Burg der Herrschafft Steyer / ist mehrentheils von Quaterstücken erbauet / sonderlich der viereckichte hohe starcke Thurn / oben mit einem Gang herum.
2. Darzu gehöriger Schloßgarten.
3. Steyerbrücken.
4. Steyer Thor.
5. Wasserkunstthurn.
6. Enß Thor / mit einem hohen starcken Thurn.
7. Unter Enßbrücke.
8. Statthauß.
9. SchulKirch / so jetzt die Dominicaner haben.
10. Grosse Haupt und Pfarrkirche / zu S. Egidien / sampt dem Thurn von Quaterstein.
11. S. Egidien Thor.
12. Kornhauß und Saltzstadel.
13. Truthor.
14. Obere Enßbrücke sampt dem Thor.
15. Brücke im Vogelgesang / über die Steyer.
16. Hoffmannischer Garten.
17. Zimlich weiter Stattgraben / darinn das Schießhauß.
18. Acht Marckstein.
19. Schöner Lustgarten.
20. Capuciner Closter.
21. Der so genanten Ketzer Freudhoff.
22. Weg nach Steyer-Gärsten.
23. Das Closter Steyer-Gärsten.
24. Lusthauß und Wäldlein zum Closter gehörig.
25. Enß Fluß.
26. Anlend der Schiff und Flösse.
27. Weg nach Grätz und in die Steyrmarck.
28. Am Küheberg genant.
29. Ziegeleck am Küheberg.
30. Das Burghöltzle genant.
31. Strasserisch Gebäu bey der Enß.
32. Vorstatt / das Enßdorff genant / ist mit einer Mauer umbfangen.
33. Schlossergassen.
34. Bindergassen.
35. Urlspergischer Hoff und Garten.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Provinciarum Austriacarum. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1679, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Austriacarum_(Merian)_113.jpg&oldid=- (Version vom 4.3.2018)