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die Summa sich über 600. Gülden nicht belaufft. Sechstens / ist das Stadt-Gericht / in welchem der Stadt-Richter / sampt sieben andern verständigen Bürgern / die man auß den Schöppen der Zünffte erwählet / sitzen. Und vor solchem werden die jenige Schulden abgehandelt / deren Summa 150. Pfund / oder 300. Gülden nicht übertrifft. Und werden allda die Güter vergandet. Siebendes / ist das Ehe-Gericht / so Nachmittag gehalten wird / und darinn ein Städtmeister / ein Ammeister / ein Dreyzehener / zween Fünffzehener / und zween auß dem grössern Raht / von den Ein-und-zwantzigern darzu erwählet / sitzen. Achtens / ist das Policey- oder Zucht-Gericht / Anno 1628. angestellet / welches über der Bürger Leben / und Sitten / inquiriret. Neundtens / das Schirm-Gericht / so auch neulich entstanden / von welchem Hohes- und Niders-Stands frembde Persohnen / in sonderbahren der Stadt Schutz auffgenommen werden. Zum Zehenden / das Nachtrags-Gericht / in welchem die Nachtrags-Sachen / oder Causae reductionum, reduciert werden. Anno 1629. angestelt. Eilfftens / das Vogtey-Gericht / da die Pfleger / oder Vormünder / und Vögte / ihrer Pupillen halber / zur Rechnung können angehalten werden. Zwölfftens / das Siebener-Gericht so man ins gemein die Sieben-Züchten / gleichsam sieben Censores nennet / so auch auß den Schöppen besetzt / und Jährlichen zum Theil / wie auch das Stadt-Gericht geändert wird. Und dieses Sieben-Gericht hat mit den Zanck-Händeln / geringen / sonderlich Verbal, Injurien, zuthun / und auff die Reinlich- und Sauberkeit der Stadt / Achtung zugeben. Neben diesen underschiedlichen Collegiis, Rähten / und Gerichten / hat es auch besondere Aempter; als da seyn die Dreyer auff dem Pfenning-Thurn / so keine Rahts-Herren seyn / und der Stadt gemeine Gefäll einnehmen / deren Jährlich einer wieder hinweg gehet / und ein ander an seine Stell auß den Schöffen erwählet wird / und keine vom Adel darzu genommen werden. Gleiche Meinung hat es auch mit denen auff dem Stall / so die Steuer von der Bürgerschafft einnehmen. Uber diese seyn auch noch andere drey Persohnen / so man die Dreyer an der Müntzen nennet / die der Stadt Geldt den nohtleidenden Bürgern / gegen Pfand / und genugsamer Versicherung / auff Zinß / nämlich / fünff von hundert / außleihen / welche beständig bleiben. Und dann / so seyn die Umbgelder. Und wann höchstbeschwerlich- und gefährliche Zeiten vorhanden / so werden alle die Schöppen / so sie Schöffel nennen / auß allen Zünfften zusammen beruffen. Und wann auff der Pfaltz der Ammeister / und die neue Räht schwören / so werden auch deß Bischoffs (der seinen Hoff am Wasser allhie hat) Rähte darzu abgeholet / so Jährlich ümb den Anfang deß Januarii geschicht. Und sagt H. Gebwilerus, in Panegyri Carolina pagin. 24. Anno 1641. allhie wieder auffgelegt / daß der Bischoff den Blut-Bann / und der jenigen Güter da habe / welche keine rechtmässige Erben verlassen / und ohne Testament absterben; es seyen auch etliche Zöll / so allein ihme gehörig / darauß deß Bischoffs vor Jahren gehabte Superioritaet leichtlich erwiesen werde. Auff dem Land seyn auch underschiedliche Aempter / wie dann under dieser Stadt ist die Herrschaft Barr / das Schloß / und Flecken Wasselheim / oder Waßlenheim; wie auch das Schloß Herrenstein / sampt zugehörigen Dörffern / Detweiler / und Dossenheim: Item / Marlenheim; die Flecken Dorolsheim / Ilkirch / das Dorff Burken / Ittenheim / Schilken / Zehenacker / auch etliche über Rheinische Dörffer. Obangedeuter Ammeister wird Jährlich am Donnerstag nach dem Neuen-Jahr / von 20. Rahts-Herren deß Grössern Rahts / oder auß den 20. Bürgerlichen Zünfften / erwehlet / so das folgende Jahr den höchsten Gewalt in der Stadt hat / und in allen Sachen am ersten gefragt wird. Die Constofler aber (davon oben) pflegen Jährlich auff dem Schwör-Tag / der am Zinß-Tag nach deß Ammeisters Wahl / gehalten wird / ihrem Recht / so sie vorhin / in Besetzung deß Rahts gehabt / zu renuncieren.

Es seyn allhie viel Sachen vorgangen / und hat auch die Stadt mit ihren Bischöffen / und andern / schwäre Krieg geführet / offt obgesieget / ist bißweilen auch unden gelegen / und darüber in groß Ungelegenheit gerathen. Auß vielen / seithero deß 1000. Jahrs vorgangenen Geschichten / nur etliche zuerzehlen / so ist diese Stadt Anno 1004. von Hertzog Hermanno II. in Schwaben und Elsaß erobert / und geplündert worden / da dann auch das Münster etwas Schaden vom Feuer gelitten. Im dritten Jahr hernach / nämlich / Anno 1007. ümb S. Johannis Baptistae Tag / ist durch ein erschrecklich Donnerwetter / so in das Münster geschlagen / dasselbe biß auff den Boden abgebronnen / und allein der Chor verblieben. Umbs Jahr 1200. ungefähr / lag Käyser Philippus sechs Wochen für der Stadt / weil sie Käyser Ottoni IV. beystunde / und ward er endlich eingelassen. Anno 1261. ward sie von Bischoff Waltern von Geroltzeck belägert. Anno 1273. gab man ein Viertel Weitzen ümb 22. Straßburger Pfenning / ein Viertel Korn ümb 16. Pfenning / 14. Eyer ümb 1. Pfenning / 8 Häring ümb 1. Pfenning / und 1. Hun ümb 2. Pfenning / das ist / 1. Creutzer. Anno 1289. ward so ein grosser Erdbidem / daß die Säulen im Münster so sehr wackelten / daß man forchte / das Münster / und die Stadt würden gar verfallen. Anno 1298. ist in der Stadt ein Feuer entstanden / dardurch nicht allein auff 355. Hoffstätt ümb das Münster abgebrunnen / sondern auch das Münster selbsten grossen Schaden erlitten / in deme alles Holtzwerck / sonderlich die Bühn (dann es damahln noch nicht gewölbt gewesen) die Orgel / die Glocken / und viel schöner Zierden verbronnen: Ward aber alles viel schöner gemacht / als es zuvor gewesen. Anno 1349. oder ümb selbige Zeit / seyn allhie auff sechtzehen tausend Menschen gestorben an der Pest. Und weil man den Juden die Schuld geben / so seyn derselben bey zweyhundert auff ihrem Kirchhoff verbrandt worden. Anno 1357. war

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Matthäus Merian: Topographia Alsatiae. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1647, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Alsatiae_(Merian)_128.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)