Seite:Topographia Alsatiae (Merian) 123.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die Römer Argentoratum gemacht / als die mit Fleiß den Buchstaben S / außgelassen haben: Nachdeme hernach auß dem Dorff eine Stadt worden / habe man die erste drey Wort hinweg gethan / und zu Ende das Wörtlein Burg darzu gesetzt / und das Ort Straßburg / oder Stratisburg / geheissen. Der ander Lateinische Nam Argentina, ist erst hernach auffkommen / als man sich fälschlich beredt hat / ob solte das Geldt daselbst / zu Bezahlung der Soldaten / auffgehebt seyn worden. Da doch zu Trier der Schatzmeister Galliae Belgicae, und der Verwaldter der Müntz gewesen. Daher der jenigen Meinung / daß sie Vor-Zeiten Silberthal geheissen / für sich selbsten fallen thut. Ptolemaeus setzet sie schon zu seiner Zeit under die vornehmbste Orth Galliae Belgicae. Und wird in Notitia Provinciarum Imperii Romani deß Tractus Argentoratensis, und deß Comitis Argentoratensis gedacht. Und zehlet sie Ammianus Marcellinus außtrückentlich under die fürnehmbste Ort Germaniae Primae. Und kommen Theils in ihren Gedancken gar dahin / daß sie vermeinen / nach deme Trebeta, Nini Sohn / die Stadt Trier erbauet / daß viel andere hernach über Meer herauß kommen / welche die Städt Cölln / Mäyntz / Wormbs / Straßburg / und Basel / auffgerichtet / die mehr / als zwölffhundert Jahr vor Christi Geburt den Triern underworffen gewesen seyen. Es seynd aber die Völcker / so hierümb vor Alters gewohnet / wie oben gemeldt / die Tribocci, oder Tribucci, genandt worden / so Teutsche gewesen / welche die Mediomatricos vertrieben / und einen guten Theil in Gallia, noch vor deß Ariovisti, und Julii Caesaris Zeiten eingenommen haben. Und vermeinet obgedachter Philippus Cluverius, daß das Elsassische Dorff zun Dreyenbuchen von ihnen den Namen habe. Es ligt Straßburg in der Ebene / auff einem gantz fruchtbaren Boden / deme kein Ort in Teutschland an Fruchtbarkeit zuvergleichen seyn solle. Theils vergleichen diese Stadt mit Venedig / in deme sie so viel Canäl / durch welche die Schiff schier in alle Gassen können geleitet werden. Sie ist aber gesunder und lüstiger / als Venedig / weiln zu Venedig gesaltzen und stinckendes / zu Straßburg aber ein süsses und lauteres Wasser ist; als daselbsten ein Arm vom Rhein / wie auch die Ill von Mittag / und vom Abend die Breusch / lauffend / zufinden. Und kan man auff besagtem Arm vom Rhein / in die Stadt / und wieder hinauß fahren. Und kompt auch jenseit / von Morgen / die Kintzich in den Rhein / darauff allerley Bauholtz auß dem Schwartzwald hieher geflösset wird. Es hat diese Stadt neun Thor / nämlich / gegen Morgen das Juden: und Fischer: gegen Mittag / das Neu-Metzger: und Spital; gegen Abend / das Elßbetter- und Weissenthurn; und gegen Mitternacht das Cronburger: thurn: und Steinstrasser Thor. Die Bürgerschafft ist behertzt und Mannlich / und hat es allda zu Kriegs- und Feuers-Zeiten trefflich gute Ordnungen. Und ist sie für eine Vestung deß Teutschen-Landes gegen Franckreich zu / zurechnen: welcher Käyser Maximilan der Erste / in einem Schreiben an sie abgangen / dieses herrliche Lob geben: daß sie sey ein alter getreuer Standt deß Reichs / eine vornehme / gute / weit und breit bekandte Stadt / und deß Orts deß H. Reichs starcke Vormauer / die den ehrlichen / löblichen / und ruhmwürdigen Fußstapffen ihrer Altfordern / jederweilen treulich nachgefolget / in Mannlicher Dapfferkeit / auffrichtiger Redlichkeit / Alter Teutscher Künheit / und unerschrockener Standhafftigkeit. Erasmus Roterodamus hat ihr zu seiner Zeit dieses nachgesagt / daß durch ihrer Bürgerschafft gute Sitten / der Obrigkeit Weißheit / und hocherleuchten Verstand / und Auffrichtigkeit / sie es so weit / und dahin gebracht haben / daß / gleich wie Vor-Zeiten von den Massiliensern / also jetzund von den Straßburgern / und ihrer gantzen Policey / ein lebendig Exempel / und Beyspiel / der Tugend / und einer wolbestelten Stadt / und Regiments / könne genommen werden. Uber das / und welches er für das vornehmbst / und adelichste Stück halte / sey kein Volck / welches der Tugend / und fürtrefflichen Ingeniis, mehr Ehr erzeige / als eben Straßburg: Daher sie auch an herrlichen gelährten / verständigen / tugendreichen / und scharffsinnigen Männern keinen Mangel habe / so ihre Kunst mit Treu und Auffrichtigkeit zieren / etc. Sie ist gar weitläufftig erbauet / und hat einen grossen Umbfang / oder Begriff: viel grosse Plätz: viel Fürstlich- Gräfflich- Adelich- und andere Höffe: und sonsten statt- und ansehnliche Häuser. Auß den gemeinen / und zwar öffentlich Geistlichen Gebäuen / ist fürnehmlich das Münster / oder die Haupt-Kirch / welche zun Zeiten deß Ersten Christlichen Königs in Franckreich / Clodovaei, oder Ludwigs / deß Grossen / mehrentheils Hültzern gewesen / dessen Fundament man Anno 1015. hinweg zu raumen / und nach einem tieffen guten Fundament zugraben / und solches mit Erlen Pfälen ins Wasser zuschlagen / und zulegen anfienge: mit welcher Arbeit man in dreyzehen Jahren / biß under das Dach kam: aber folgends gieng es langsam damit her / also / daß diese Kirch allererst Anno 1275. ausser deß Thurns / gar außgebauet ward. Das folgende Jahr fieng man an das Fundament zum Thurn zu legen: und wurde hernach Anno 1277. auff dasselbe der erste Stein von dem Bischoff Conrado gelegt: Erwinus von Steinbach / war Baumeister / der Anno 1318. gestorben: dessen Sohn Johannes den Bau fast / biß zum Wächter-Häußlein auffgeführet / und Anno 1339. diß Leben geendet hat. An seine statt kam Johann Hiltz von Cölln / der verfertigte die vier Schnecken / sampt dem Thurn / biß an den Helm: so Anno 1365. geschehen: darauff er bald gestorben. Anno 1439. wurde das Creutz / und Knopff / etc. auff den Helm deß Thurns gesetzt / und also derselbe einmahl vollendet: nachdeme man allein an ihm 163. und am gantzen Münster / wie es jetzt stehet / 670. Jahr / gebauet hatte. Die Höhe dieses Thurns wird ungleich bey den Scribenten gesetzt. Deß Münsters Werckmeister / Hanß Thomas Ulberger / hat in dem Abmessen befunden / 489. Schuh / und acht Zoll. Der

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Alsatiae. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1647, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Topographia_Alsatiae_(Merian)_123.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)