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Ludwig Tieck: Das jüngste Gericht. In: Poetisches Journal, S. 221–246

Menschen und daß sie schon sechszehn Jahre gedruckt werde, und daß sie viel für’s Geld liefre und daß sie freilich lebe, und daß sie, und daß sie, etc. – Der Teufel aber nahm sie ohne Umstände bei den Ohren und riß ihr unvorsichtig das All vom Kopfe herunter, so daß nur noch Gemeine übrig blieb und so wurde sie vor den Richterstuhl hingestellt. Der Richter sah sie ungnädig an und sagte: hab’ ich in meinen Gesetzen nicht geboten, du sollst nicht recensiren? Ich habe, rief hierauf mit großem Eifer der Herausgeber, der in den Papieren wohnte, verstanden: du sollst nicht raisonnieren, und das habe ich auch treulich gehalten: aber wo steht übrigens das Gebot, denn die Orientalia sind nicht mein Fach. In dem Gebote ist es mit begriffen, versetzte der Richter, du sollst nicht falsch Zeugniß ablegen wider deinen Nächsten.

Wenn sie nur Verstand gehabt hätte, sagte ein Philosoph, so hätte man ihr die falschen Zeugnisse noch verzeihen können, aber so war keine Spur einer Intelligenz in ihr zu finden. Nun meiner Seel, hörte man den Sekretair von unten rufen, der noch wie die Wurzel in der Erde saß, das sind doch handgreifliche Lügen, denn jedermann weiß,

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Ludwig Tieck: Das jüngste Gericht. In: Poetisches Journal, S. 221–246. Frommann, Jena 1800, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tieck_Das_juengste_Gericht_1800.pdf/22&oldid=- (Version vom 22.12.2016)