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Ludwig Tieck: Das jüngste Gericht. In: Poetisches Journal, S. 221–246

gleichsam nur wenig Wachen gehöre; aber es sei pur unmöglich. Durch diese Winke ging mir über mein eignes unnützes Schlafen ein Licht auf, und ich beschloß, den Fehler, den ich bisher gemacht hatte, zu verbessern und durchaus meinen wachenden und schlafenden Zustand in einander zu ziehn und zu einem einzigen zusammenhängenden Lebenslaufe zu verarbeiten, was bei mir auch weit eher, als bei andern möglich ist, weil mein Wachen schon ein Träumen und Phantasiren ist, so daß ich fast nichts zu thun hatte, als meine Imagination noch etwas mehr überhand nehmen zu lassen und die Sache war geschehn. Welche Aussichten, sagte ich zu mir selbst, bieten sich auf diesem Wege dar! Du brauchst keine Minute deines Lebens unnütz und ohne Beschäftigung verschwinden zu lassen, du wirst der erste seyn, der sogar seinen Schlaf nützlich und fleißig anwendet.

Im Anfang aber ging es übel. Aus Angst, ob ich auch schicklich und zweckmäßig träumen möchte, konnte ich in der ersten Zeit nicht einschlafen, denn die Materie war gleichsam noch zu zähe, daß sie sich nicht wollte verarbeiten lassen, so daß ich den folgenden Morgen recht verdrüßlich war und besser gethan hätte, lieber gleich bei einem guten

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Ludwig Tieck: Das jüngste Gericht. In: Poetisches Journal, S. 221–246. Frommann, Jena 1800, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tieck_Das_juengste_Gericht_1800.pdf/2&oldid=- (Version vom 22.12.2016)