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dann nachdenklich stehen. Er scheute sich, einzutreten. Hier im Städtchen sah ihm ja jeder an, woher er kam. Die Leute hier waren an diese kittgrauen, verkniffenen Gesichter der entlassenen Zuchthäusler längst gewöhnt. Und doch starrten sie diesen armseligen Gestalten stets mit der gleichen Neugier und einem Gefühl pharisäerhafter Verachtung nach.

Thomas Bruck hob den Kopf mit einem Ruck höher. „Fürchtest Du Dich vor den Menschen?!“ dachte er. „Sollen sie Dich nicht fürchten lernen?! Sie sollen es!“

Er trat schnell ein. Die Türglocke bimmelte, und aus dem Hintergrunde des dunklen Ladens schlich lautlos der bucklige Trödler herbei.

„Ich möchte diesen Spazierstock verkaufend sagte Bruck.

Der Trödler wiegte den Kopf hin und her, besichtigte die schwere Silberkrücke, murmelte:

„Nu – zehn Mark –“

Der Stock war heute zweihundert wert.

„Gut – zehn Mark,“ nickte Bruck. „Dann diese Uhr und diesen Trauring – Uhr nebst Kette, beide echt Gold.“

Der Trödler ließ die Lider über die Augen herabfallen, um ihr Aufleuchten zu verbergen.

„Nu – hundertfünfzig Mark für alles,“ brummte er.

Mit hundertsechzig Mark in Papiergeld ging Bruck zum Bahnhof, setzte sich in den Wartesaal, bestellte fünf Zigaretten, eine Tasse Kaffee und ein belegtes Brot.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Thomas Bruck, der Sträfling. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1923, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Thomas_Bruck,_der_Str%C3%A4fling.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.8.2018)