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flog mir um den Hals, schluchzte und behauptete, all das hinge mit Politik zusammen; sie dürfe aus dem Geheimbund nicht austreten, sonst würde man sie töten.

Agathes Heuchelei siegte abermals. Ich erstickte fast unter ihren wilden Zärtlichkeiten. Ende April reisten wir für acht Tage nach Mecklenburg in das Dörfchen Kronbaum am Ufer des Müritz-Sees. Agathe badete täglich. Ich mußte hierauf verzichten, weil ich im Winter einen Anfall von Gelenkrheuma gehabt hatte. Wir hatten uns eine versteckte Bucht des Sees mit weit über das Wasser hängenden Erlen ausgesucht. Hier – soll ich Agathe am 2. Mai 1914 nachmittags fünf Uhr ertränkt haben – aus Eifersucht, da ich ja schon durch einen Detektiv sie hätte beobachten lassen! – In Wirklichkeit spielten sich die Vorgänge so ab: Agathe war wie immer ein Stück in den See hinausgeschwommen, kehrte zurück, rief plötzlich um Hilfe. Ich sprang in Kleidern ins Wasser. Da versank sie vor meinen Augen, und gleichzeitig erschien der Vierer eines Ruderklubs, den die Hilferufe herbeigelockt hatten – Die Bucht wurde mit Netzen eine Stunde später abgesucht. Die Leiche war nicht zu finden. Ich fuhr am 4. Mai nach Berlin zurück. Am 5. wurde ich verhaftet, da der Bauer, bei dem wir in Kronbaum gewohnt hatten, der Polizei einen Brief Agathes ausgehändigt hatte, der ihm mit dem Auftrag gleich nach unserer Ankunft von Agathe übergeben war, ihn der Polizei zuzustellen, falls ihr hier etwas zustieße –“

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Walther Kabel: Thomas Bruck, der Sträfling. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1923, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Thomas_Bruck,_der_Str%C3%A4fling.pdf/60&oldid=- (Version vom 1.8.2018)