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Sie benahm sich äußerst zurückhaltend. Erst gegen Morgen wurde sie zugänglicher. Wir kamen ins Gespräch. Und – ich verliebte mich im Handumdrehen in sie –“

Bruck lachte höhnisch auf. „Ich verliebte mich derart, daß ich blindlings ins Verderben in diese Ehe hineinrannte. – Sie hieß angeblich Agathe Link, war Waise und Sekretärin bei einem mexikanischen Gelehrten, der sich studienhalber in München aufhielt und sie sehr gut honorierte. Als ich sie meiner Mutter als meine Braut dann hier in Berlin vorstellte, merkte ich sofort, daß Agathe meiner Mutter unsympathisch war. Im August 1913 heirateten wir – in aller Stille. Sennor Braziano, Agathes bisheriger Brotherr, war einer der wenigen Gäste, ein älterer würdiger Herr, der das Deutsche nur sehr unvollkommen beherrschte. – Sehr bald nach der Hochzeit offenbarte Agathe einen Teil ihres wahren Wesens. Sie wollte durchaus einen Stammbaum meiner Familie – wir Brucks stammen aus Holland – anlegen und erbat hierzu von meiner Mutter alles an alten Familienpapieren, was diese nur irgend besäße. Meine Mutter gab die Papiere nicht aus der Hand. Da verlangte Agathe von mir, daß ich – Doch – ich will nicht allzu sehr in Einzelheiten mich verlieren. Kurz: dieser Stammbaum war bei Agathe zur fixen Idee geworden! Mit einem Starrsinn ohnegleichen bestand sie darauf, daß meine Mutter die Papiere und Urkunden hergeben müsse. Es kam zwischen uns zu Szenen, wobei sie öfters mit

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Walther Kabel: Thomas Bruck, der Sträfling. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1923, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Thomas_Bruck,_der_Str%C3%A4fling.pdf/58&oldid=- (Version vom 1.8.2018)