Seite:Thomas Bruck, der Sträfling.pdf/57

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

kann doch wohl nur ein einzelnes Wort dem Satze fehlen, etwa „geliebt“ oder ge–, hm, – mir fällt nichts Passendes ein.“

Thomas Bruck nickte. „Dann geht es Ihnen wie mir. Ich habe mir ebenfalls den Kopf zerbrochen, was Ulla wohl hat sagen wollen. „Geliebt“ – nein, das glaube ich nicht. Es machte ja überhaupt so den Eindruck, als ob ihr Wunsch, ihres Verlobten Verschwinden aufzuklären, keineswegs aus dem Herzen heraus entstanden war. Nein, ich möchte fast behaupten, daß sie an diesem amerikanischen Detektiv etwas irre geworden war. Sie betonte ja, daß der Schlag, also Broocs Beseitigung sie aus „anderen Gründen“ so vernichtend getroffen hätte, – also nicht der Schmerz um Broocs Verlust war hier die Hauptsache!“

Bröse schenkte die Kaffeetassen voll. „Vielleicht hat sie Ihnen auch vieles verschwiegen, Herr Rechtsanwalt.“

„Möglich! – So, und nun will ich Ihnen auch kurz die Tragik meines eigenen Lebens schildern.“ – Er rührte mit dem silbernen Löffel versonnen in der Tasse.

„Es war so hart, daß gerade ich, der allzeit von den Frauen eine so hohe Meinung hatte und allen unsauberen Weibergeschichten aus dem Wege gegangen war, an ein durchaus verderbtes, raffiniertes, heuchlerisches und gefühlsarmes Wesen geraten mußte. Ich hatte im Februar 1913 in München eine Verteidigung. Ich benutzte den Nachtzug und die zweite Wagenklasse. In meinem Nichtraucher-Abteil saß noch eine junge Dame, die gleichfalls schon in Berlin eingestiegen war.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Thomas Bruck, der Sträfling. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1923, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Thomas_Bruck,_der_Str%C3%A4fling.pdf/57&oldid=- (Version vom 1.8.2018)