Seite:Thomas Bruck, der Sträfling.pdf/55

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

noch Otto Bermuth werden,“ sagte Bröse und schwenkte in eine Toreinfahrt ab, nachdem er sich vorsichtig umgeschaut hatte. Hier holte er unter dem Oberhemd ein flaches Ledertäschchen hervor. Im Augenblick hatte er einen blonden Spitzbart befestigt und eine blonde Perücke übergestreift, eine Brille mit runden Gläsern aufgesetzt und seinem verlebten Gesicht durch roten Puder ein frisches, gesundes Aussehen gegeben.

Thomas Bruck staunte.

„Ja, ja,“ nickte Bröse. „Ich wohne dort in Nr. 8 seit anderthalb[1] Jahren als Schriftsteller Doktor Otto Bermuth, habe einen Toten, dessen Papiere ein Zufall mir in die Hand spielte, auf diese Weise wieder aufleben lassen, bin polizeilich gemeldet und gelte im Hause als ein Muster von Solidität. – Kommen Sie. Sie werden noch mehr staunen, Herr Rechtsanwalt. Vom Berliner Verbrechertum kennen Sie noch nicht die Hälfte alles Interessanten.“ –

„Doktor Bermuth“ bewohnte im Gartenhause links zwei Zimmer mit Bad, Küche und einer winzigen Mädchenkammer. Die Möbel waren geschmackvoll und modern. Das Arbeitszimmer mit Klubsofa und zwei Klubsesseln wirkte ganz wie die Studierstube eines ernsten Gelehrten.

Bröse bot Bruck Zigaretten und einen Likör an. Dann führte er ihn in die Mädchenkammer, öffnete einen Kleiderschrank und zeigte Bruck den Mechanismus einer von ihm selbst angelegten Geheimtür, die durch den Schrank noch besser verdeckt wurde und in eine

  1. Vorlage: anderthab
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Thomas Bruck, der Sträfling. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1923, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Thomas_Bruck,_der_Str%C3%A4fling.pdf/55&oldid=- (Version vom 1.8.2018)