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6. Kapitel.

Die Seitenwege des Tiergartens waren bereits wie ausgestorben. Der Herr in der Droschke beobachtete dauernd die Umgebung, stand zuweilen auf, blickte nach rückwärts und glaubte nun den günstigsten Moment für gekommen.

Der Kutscher auf dem Bock fühlte plötzlich, wie ihm eine Schlinge über den Kopf glitt.

Die Schlinge wurde mit einem Ruck zugezogen. Der müde Droschkengaul ging sofort in Schritt über, als niemand ihn mehr antrieb, blieb stehen.

Der Insasse der Droschke hatte sich schon auf das Vorderverdeck geschwungen, hatte den wild sich Sträubenden hochgezerrt und drückte ihm nun ein feuchtes Tuch fest auf das Gesicht. Die Wirkung des Betäubungsmittels stellte sich sofort ein. Der Körper des Kutschers sank schlaff zusammen.

Wenige Minuten später saß der Herr im Rock des Kutschers und mit dessen Zylinder auf dem Bock und fuhr weiter. Im Wagen lag, mit einer Decke halb verhüllt, der Betäubte.

Die Droschke wendete und schlug die Richtung nach Alt-Moabit ein. Der Mann auf dem Bock blickte sich fortwährend um. Er fürchtete den „Blauen“ mit dem Monokel, der Bruck bei diesem Streich geholfen hatte, noch immer hinter sich. Erst als er in die stillen Straßen von Moabit einlenkte, war er beruhigt.

Der Wagen hielt schließlich vor einem verräucherten Hause der Sickingenstraße. Gegenüber lag ein Kohlenlagerplatz.

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Walther Kabel: Thomas Bruck, der Sträfling. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1923, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Thomas_Bruck,_der_Str%C3%A4fling.pdf/46&oldid=- (Version vom 1.8.2018)