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Dieser Verdacht zeigte ihm seine traurigen Schicksale in ganz neuem Lichte. Vielleicht gab es wirklich eine verbindende Brücke zwischen Ulla Krestens Leiden und den seinen. Noch konnte er diese Brücke nicht einmal in Gedanken konstruieren. Er fühlte sie mehr, als daß er sie als festes Gebilde im Geiste vor sich sah.

Er handelte jetzt nach einem wohlerwogenen Plane, der immer klarere Gestalt annahm, je mehr er sich den belebteren Straßen näherte.

Der laue Aprilabend hatte viele Spaziergänger ins Freie gelockt. Bruck blickte sich absichtlich wiederholt um, blieb auch häufiger stehen, als fürchte er einen Verfolger. So gelangte er an die erste Haltestelle der Straßenbahn, nach Roseneck, wo die Geleise nach Alt-Schmargendorf abbogen. Ein Wagen stand hier abfahrtbereit. Der Führer läutete gerade. Einige Ausflügler beeilten sich, den Wagen noch zu erreichen.

Bruck stieg ein und stellte sich auf die hintere Plattform. Etwa ein Dutzend Menschen kamen noch nach ihm. Er musterte jeden einzelnen. Nein – ein kleiner Mann mit rundem Rücken war nicht darunter. Und die Straße war nun weithin nach Dahlem zu leer.

Bruck dachte: „Wenn es mehrere sind, die in diese dunklen Machenschaften verwickelt sind, dann kann auch jemand anders hinter Dir her sein!“

Und er schaute abermals durch die Tür in das Wageninnere und suchte nach der Person, die es auf ihn jetzt abgesehen haben könnte. Diese Prüfung der Mitfahrenden blieb ergebnislos.

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Thomas Bruck, der Sträfling. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1923, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Thomas_Bruck,_der_Str%C3%A4fling.pdf/39&oldid=- (Version vom 1.8.2018)