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Wirklich niemand?!

Wenige Schritte weiter studierte ein kleiner Herr mit spärlichem Vollbart und goldener Brille vor den Augen an der Plakatsäule einen Theaterzettel.

Hin und wieder wandte er den Kopf nach links und schaute nach dem Manne vor dem Delikatessengeschäft hinüber.

Ulla Kresten war jetzt zu einem Entschluß gelangt. Zwei Schritte nach rechts, und sie sprach den Unbekannten an.

„Würden Sie mir einen Gefallen tun, mein Herr?“ fragte sie halblaut.

Der Mann zuckte zusammen. Flüchtige Röte färbte die graugelben Wangen. Er schämte sich. Ob diese Dame etwa erraten hatte, was in ihm vorgegangen war, als er so regungslos dastehend seinen Hunger an all den lang entbehrten Genüssen gestillt hatte – nur in Gedanken! –, ob sie ihm etwa ein Almosen anbieten wollte?!

Da hatte er schon den Hut gelüftet, hatte mit etwas knapper, reservierter Verbeugung erwidert:

„Gnädigste wünschen?“

Ulla genügten diese zwei Worte. Sie hatte sich nicht getäuscht. Das konnte der sein, den sie gesucht hatte.

„An diesem Ort läßt sich meine Bitte schlecht vortragen,“ erklärte sie nun mit der ruhigen Würde und Sicherheit der Dame von Welt. „Wollen Sie mich daher vielleicht ein Stück begleiten. Wenn es Ihnen recht ist, suchen wir ein bescheidenes Restaurant auf. Daß

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Walther Kabel: Thomas Bruck, der Sträfling. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1923, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Thomas_Bruck,_der_Str%C3%A4fling.pdf/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)