stille zu werden und sich selbst dienen lassen zu müssen. Aber laßt uns lernen in allem den Willen Gottes zu ehren und in Geduld Seiner Hilfe zu warten. Es ist das Zeichen einer rechten Diakonisse, nicht daß sie große Taten tut, sondern daß sie dem Sohne Gottes nach Gehorsam lernt.
Ach, daß wir uns zusammenschließen möchten zur Übung wirklicher Barmherzigkeit! Wir wollen uns eine freundliche Art erbitten, des Heilands Art annehmen, nie gegen einen Armen hart sein; das schreit zu Gott. Laßt uns immer in den Elenden das Bild Gottes sehen. Ungestraft sagt niemand ein hartes Wort. Vielleicht nimmt es der Herr mit keiner Sünde so genau wie mit der Unbarmherzigkeit. Welch ein Widerspruch ist es auch, wenn die, welche dazu da sind, das Elend zu lindern, unbarmherzig sind. Laßt uns alle Unbarmherzigkeit abtun! Das barmherzige Herz müssen wir uns schenken lassen. Aus dem Sakrament muß ein Leben der barmherzigen Liebe fließen.
Herr Pfarrer Löhe pflegte immer zu sagen: „Was man nirgends mag, das muß man in Dettelsau mögen.“ Je verkommener und hilfsbedürftiger die Menschen sind, die uns anvertraut werden, desto lieber müssen wir sie haben, und wir dürfen es auch nicht ungebeichtet lassen, wenn wir einmal roh und unbarmherzig gewesen sind.
Die eigentliche Diakonisse erkennt man daran, wie sie mit ihren Mitschwestern verkehrt, ob sie ihnen gerne dient und ihnen gegenüber gerne zurücktritt. Seid nicht nur barmherzig gegen eure Pfleglinge, sondern übt Barmherzigkeit auch an euren Mitschwestern!
Ach, nur recht barmherzig sein! wir verstehen so wenig von dem Seelenleben anderer.
Therese Stählin: So wir im Lichte wandeln. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1959, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_So_wir_im_Lichte_wandeln.pdf/35&oldid=- (Version vom 22.8.2016)