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Zur Einführung


 Schon seit 1855 hatte Löhe auf Bitten befreundeter Familien auch unkonfirmierte Töchter aufgenommen, um ihnen Erziehung in kirchlichem Sinn und gute Allgemeinbildung zuteil werden zu lassen. Zugleich war ihm diese „Kleine Schule“ das Übungsfeld für die Diakonissen, die er zu Lehrerinnen ausbilden wollte. Von Seiten des Staates gab es damals weder Höhere Mädchenschulen noch Lehrerinnenbildungsanstalten. Das Schulwesen der Diakonissenanstalt umfaßte bald die „Kleine“ oder „Rote Schule“ für Kinder, die „Grüne Schule“ für konfirmierte Mädchen und die „Blaue Schule“ für angehende Diakonissen. Die Benennungen kamen von dem farbigen Band, das die Schülerinnen oben am schwarzen Sonntagskleid trugen. Die Grüne Schule war in der Anfangszeit eng mit der Blauen Schule verbunden. Am Aufbau des Schulwesens war neben Löhe auch Konrektor Lotze beteiligt, der vorher an einem Knabeninstitut in Thüringen Erfahrungen gesammelt hatte.

 Alle Hausbewohner waren in „Riegen“ eingeteilt, d. h. in Gruppen, deren Glieder sich inbezug auf äußere Ordnung und auch innerlich fördern sollten.

 Schon bei der Einweihung des Mutterhauses hatte ein „Liebesmahl“ im Betsaal stattgefunden, ein einfaches Abendessen, das die Hausgenossen und Freunde der Anstalt mit Armen aus der Gemeinde vereinte und bei dem angesichts des Altars mit den brennenden Kerzen Lob- und Danklieder gesungen, Bibelworte und geistliche Gedichte vorgetragen wurden. Dieses erste Liebesmahl in Erinnerung an die apostolische Zeit wurde noch manchmal wiederholt, vor allem an Gründonnerstagen.

 Im Spätsommer 1857 erlitt Löhe während einer Wochenpredigt eine leichte Berührung. 1858 und 1859 gebrauchte er Karlsbad. Aus verschiedenen Anlässen kam es 1858–1860 zu Spannungen zwischen ihm und der Kirchenleitung. Zwei dieser Anlässe waren die „Salbung“ und die Kinderbeichte; der letzte Anlaß, eine Trauungsverweigerung, führte 1860 zu zweimonatlicher Suspension.

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Meine Seele erhebet den Herrn. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1957, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Meine_Seele_erhebet_den_Herrn.pdf/64&oldid=- (Version vom 24.10.2016)