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Sie sah ihn staunend an; sie verstand ihn nicht. Du bist so sonderbar; sagte sie.

Er nahm ihre beiden Hände, die sie ruhig in den seinen ließ. Bald trat die Mutter wieder herein.

Nach dem Kaffee setzte diese sich an ihr Spinnrad; Reinhardt und Elisabeth gingen ins Nebenzimmer, um ihre Pflanzen zu ordnen. Nun wurden Staubfäden gezählt, Blätter und Blüthen sorgfältig ausgebreitet und von jeder Art zwei Exemplare zum Trocknen zwischen die Blätter eines großen Folianten gelegt. Es war sonnige Nachmittagsstille; nur neben an schnurrte der Mutter Spinnrad und von Zeit zu Zeit wurde Reinhardts gedämpfte Stimme gehört, wenn er die Ordnungen und Klassen der Pflanzen nannte oder Elisabeths ungeschickte Aussprache der lateinischen Namen corrigirte.

Mir fehlt noch von neulich die Maiblume; sagte sie jetzt, als der ganze Fund bestimmt und geordnet war.

Reinhardt zog einen kleinen weißen Pergamentband aus der Tasche. Hier ist ein Maiblumenstengel für dich; sagte er, indem er die halbgetrocknete Pflanze herausnahm.

Als Elisabeth die beschriebenen Blätter sah, fragte sie: Hast du wieder Märchen gedichtet?

Es sind keine Märchen, antwortete er, und reichte ihr das Buch.

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Theodor Storm: Sommergeschichten und Lieder. Duncker, Berlin 1851, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Storm_Sommergeschichten_und_Lieder.djvu/78&oldid=- (Version vom 1.8.2018)