kleine Häwelmann. Mehr, mehr! und dann ging das Rollen wieder von Neuem an. Endlich aber schlief sie gänzlich ein, und so viel Häwelmann auch schreien mochte, sie hörte es nicht. Es war rein vorbei. - Da dauerte es nicht lang, so sah der Mond in die Fensterscheiben, der gute alte Mond; und was er da sah, war so possierlich, daß er sich erst mit seinem Pelzärmel über das Gesicht fuhr, um sich die Augen auszuwischen; so etwas hatte der alte Mond all sein Lebetage nicht gesehen. Da lag der kleine Häwelmann mit offenen Augen in seinem Rollenbett, und hielt das eine Beinchen wie einen Mastbaum in die Höhe; sein kleines Hemd hatte er ausgezogen und hing es wie ein Segel an seiner kleinen Zehe auf; dann nahm er ein Hemdzipfelchen in jede Hand und fing mit beiden Backen an zu blasen; und allmählich leise, leise fing es an zu rollen, über den Fußboden, dann die Wand hinauf, dann kopfüber die Decke entlang und dann die andere Wand wieder hinunter. Mehr, mehr! schrie Häwelmann, als er wieder auf dem Boden war; und dann blies er wieder seine Backen auf, und dann ging es wieder kopfüber und kopfunter. Es war ein großes Glück für den kleinen Häwelmann, daß es grade Nacht war und die Erde auf dem Kopf stand; sonst hätte er doch gar zu leicht den Hals brechen können.
Theodor Storm: Sommergeschichten und Lieder. Duncker, Berlin 1851, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Theodor_Storm_Sommergeschichten_und_Lieder.djvu/33&oldid=- (Version vom 1.8.2018)