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32. Die Schlangen von Prenzlau.

Rund um die Stadt Prenzlau, die Hauptstadt der Ukermark, findet man keine einzige Schlange, so weit man die große Glocke der Stadt hören kann. Vor diesem gab es dort eine große Menge dieses Ungeziefers. Da war aber zu einer Zeit ein Verbrecher in der Stadt, der das Leben verwirkt hatte. Der erbot sich, alle Schlangen aus der Gegend zu vertreiben, wenn man ihm das Leben schenke. Dieses geschah, und man hat seitdem keine Schlangen dort wieder gesehen.

Beckmann histor. Beschr. v. Brandenburg. Th. 1. S. 834.


33. Die Schlangen zu Bernau.

Auf der Feldmark der Stadt Bernau findet man, soweit man das Läuten der Bürgerglocke hören kann, weder Schlangen noch Nattern. Als Grund davon giebt man Folgendes an: Als vor Alters jene Bürgerglocke gegossen wurde, ward dazu nach damaligem Gebrauche von den Leuten allerlei verehret, als Gold, Silber, Erz u. s. w. Es kam auch ein altes Weib herbei, die sagte, sie habe zwar nichts von Geldeswerth, das sie zu der Glocke verehren könne, sie wolle aber doch etwas dazu schenken, was man nicht verachten werde. Damit ließ sie eine lebendige Schlange und eine solche Natter mit in den Guß einlaufen, mit dem Bedeuten, daß sich danach die Schlangen und Nattern verlieren würden, welche damals so häufig in der Gegend waren. Und solches geschah auch, sobald man mit der neuen Glocke zum ersten Male zu läuten anfing.

Als vor ungefähr 200 Jahren die Glocke einstmals einen Riß bekam, so daß man nicht mehr damit läuten konnte, stellte das Ungeziefer sich wieder ein. Es verlor

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_115.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)