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schön gewesen. Sie ist, wie man sagt, zu Großen-Garz begraben; in dem Kirchengewölbe daselbst zeigt man noch ihren einbalsamirten Körper; auch zeigt man dort zwei Leichensteine, auf welchem zwei weibliche Figuren ausgehauen sind, welches die beiden Frauen dieses Ritters sein sollen.

Der Ritter stiftete zum Andenken an seine glückliche Heimkehr auf den Grünen Donnerstag eine Armenspende, daß alle Armen, so viel deren sich einfinden würden, auf dem Schlosse mit Erbsen und Stockfisch, als welches seine Familie bei seiner Rückkehr gegessen, gespeiset werden, und ein Stück Speck und Brod mit auf den Weg bekommen sollten. Noch vor nicht langen Jahren war dieses Bettlerfest so besucht, daß an die fünfhundert Armen dahin wallfahrteten.

Vergl. Ueber die Altmark. II. S. 133.


63. Der Währwolf in Hindenburg.

Der Glaube an den Währwolf hat sich auch in der Altmark erhalten. In dem Dorfe Hindenburg erzählen sich die Leute noch jetzt von einem solchen Menschen, der sich in einen Wolf hat verwandeln können, und es leben noch welche, die ihn in ihrer Kindheit gekannt haben. Er hatte einen Streifen Leder aus einer Wolfshaut gehabt, an der noch die Haare waren. Sobald er sich diesen um den Leib band, war er in einen Wolf verwandelt. Er hatte dann eine außerordentliche Stärke, so daß er oft ganz allein ein ganzes Fuder Heu zog, oder einen ganzen Ochsen ins Maul nahm und forttrug. Er hatte in solchem Zustande aber auch ganz und gar die Natur des Wolfes: denn er würgte das Vieh, und fraß sogar Menschen. Einer seiner Nachbarn ward einmal von ihm verfolgt, und konnte ihm nur mit genauer Noth entgehen. Nur seine Frau verschonte er, wenn er auch noch so wüthend war. Sie kannte einen Zauberspruch, wodurch er gebannt wurde, und den er ihr

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Jodocus Donatus Hubertus Temme: Die Volkssagen der Altmark. Nicolai, Berlin 1839, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Temme_Die_Volkssagen_der_Altmark_056.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)