Seite:Taras Schewtschenko. Ein ukrainisches Dichterleben. Von Alfred Jensen (1916).djvu/75

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daß ich kann des Dnipr's Schnellen,
     seine Ufer schauen,
daß ich höre, wie er rauschend
     strömt durch weite Auen!

Wenn er aus der Ukraine
     Feindesblut wird tragen
in das Meer, will ich den Fluren
     und den Höhn entsagen;
will auf Flügeln des Gebetes
     auf zu Gott mich schwingen –
ehe dies geschieht, – mag nimmer
     ich den Herrn lobsingen!

Senkt ins Grab mich und erhebt euch,
     werft die Ketten nieder,
tränkt mit bösem Feindesblute
     eure Freiheit wieder!
Dann im freien Bruderkreise
     mögt ihr meiner denken,
mögt ein liebes, stilles Wörtlein
     mir, o Freunde, schenken!“

[1]

Das Volk wollte aber kaum glauben, daß sein heißgeliebter Taras wirklich gestorben sei. Es entstanden Legenden, daß vielleicht ein andrer statt seiner begraben worden wäre, wie etwa Alexander I., und daß Schewtschenko sich irgendwo versteckt halte, bis die Stunde gekommen sei, wo er wieder hervortreten könnte …

Und das Volk hatte recht: Taras Schewtschenko lebt noch immer und zwar durch seine Dichtungen.


  1. Übersetzt von Arthur Bosch. Deutsch auch von Julia Virginia, Iwan Franko und Ostap Hrycaj. Die erste Strophe lautet in englischer Sprache (siehe Athenaeum 1903, Anzeige von Mik: the Century a collection of Malo-Russian poetry and prose published from 1798 to 1898):

    „When I die, the steppe around me
         shall enfold my grave;
    lay me in my own loved Ukraine,
         that is all I crave.
    Let me dee the Dnieper rushing
         where broad grasses wave!
    let his beetting banks be near me,
         let me hear him rave!“