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Der Dichter stellt sich dann als Greis vor, der in sein Heimatdorf zurückkommt. Er erkennt alles – das Feld, die Pappeln am Brunnen und den Garten, wo Vater und Mutter unter den Kreuzen schlafen. Nichts hat sich in dem armen Dorf verändert, nur daß es alt und verwüstet ist wie er selbst. Und Oksana ist weg. Als er sich nach ihrem Schicksal erkundigt, erfährt er, daß sie „mit den Soldaten“ fortgegangen wäre! Sie sei zwar nach einem Jahre mit einem Kindlein zurückgekommen, jedoch gemütskrank.

„Und saß sodann oft nächtelang
so unterm Zaun und schrie und rief
als wie ein Kuckuck, lang und bang …
Und sang, als möcht es in den Nächten
die einst’gen schönen Zöpfe flechten …“

Nachher sei jede Spur von ihr verschwunden!

Der Name Oksana kommt in den Gedichten Schewtschenkos mehrmals vor. Oksana heißt das schwarzäugige Mädchen in den „Hajdamaken“; so heißt auch die unglückliche Tochter in dem bereits erwähnten Gedichte „Die Blinde“, und in „Drei Jahre“ (1845) gedenkt er Oksanas als seiner „Morgenröte“ und seines „Herzchens“. Das schönste Denkmal hat er seiner Oksana in einem in Orenburg 1850 geschriebnen Gedicht errichtet, in dem er das idyllische Glück des häuslichen Lebens ausmalt:

„Zu Gott um wenig einst ich flehte,
um herzlich wenig: nur um ein Häuschen,
ein Häuschen in dem grünen Haine
und um zwei Pappeln, die daneben sich erheben,
auf daß[WS 1] ich mit meiner unglücklichen
Oksana vom Berge aus
den breiten Dnipró sehn könnte,
die Schluchten, die von goldnen Ähren
strotzenden Felder; die hohen Gräber
und all das schauend sinnend fragen:
Wann wurden sie, die Hügel, aufgeschüttet?
Und wer ists, der hier ruht?
Dann wollten wir zu zweien singen
das alte traurige Lied
vom Ritter, von dem Hetman,

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: das