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III.
Die letzten Lebensjahre.

Als Schewtschenko aus Nizhnij Nowgorod im Frühjahr 1858 nach Petersburg kam, schien ihm das Glück wieder zu lächeln. Er war ja nicht nur der allgemein anerkannte Nationaldichter der Ukraine, sondern er wurde auch – es war die Zeit der großen Reformbewegung in Rußland – als Freiheitsmärtyrer in den literarischen Kreisen gefeiert. Bei einem Bankett im Hause der Gräfin Anastasia Iwanowna Tolstoj im April 1858 äußerte sich M. D. Stradoff unter anderm folgenderweise: „Das Unglück Schewtschenkos ist beendigt und eine der größten Ungerechtigkeiten ist damit aus der Welt geschafft. Es ist uns eine Freude, Schewtschenko wiederzusehen, der unter schrecklichen, förmlich vernichtenden Verhältnissen, innerhalb der düstern Mauern einer übelriechenden Kaserne geistig nicht gelähmt wurde und nicht von Verzweiflung ergriffen, wohl aber die Liebe zu seinem harten Schicksal, das nur befruchtend auf ihn einwirkte, immer zu bewahren wußte. Er ist so ein hohes Vorbild für alle unsre zeitgenössischen Künstler und Dichter. Schon das genügt, um Schewtschenko unsterblich zu machen … In all seinem Leide hat er am heiligen Glauben festgehalten, daß die moralische Natur des Menschen den äußeren Verhältnissen nicht zu unterliegen brauche …“

Seine Pläne dürften zunächst auf das Künstlerische gerichtet gewesen sein. Schon 1840 hatte er die silberne Medaille und ein Ehrendiplom von der Kunstakademie erhalten, 1845 wurde er als Professor für Zeichnen und Malen an der Kiewer Universität vorgeschlagen und er hatte an den Arbeiten der archäologischen Kommission in Kiew teil