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(die sogenannte „Ruine“), was die beiden Teilungsmächte ihr politisches Ziel nur um so leichter erreichen ließ.

In der östlichen Ukraine machten sich's die Moskowiter bequem. Nach der entschiedenen Niederlage der Verbündeten Karls XII. und Masepas (Mazeppa) bei Poltawa (1709) wurde die Ukraine nach und nach dem moskowitischen Staate einverleibt. Im Jahre 1720 wurde eine russische Kriegskanzlei für die Ukraine eingerichtet, 1721 eine Gerichtskanzlei und 1722 ein besonderes Staatskollegium. Die Soldaten und Beamten Peter des Großen überschwemmten das ehemalige „Hetmanenland“[1]) (Hetjmánschtschyna) und der letzte nominelle Hetman der Ukraine, Kyrylo Rasumowskyj (ein Bruder des morganatinischen Gemahls der Kaiserin Elisabeth), mußte im Jahre 1761 sein Amt niederlegen. 1775 ließ Katharina II das kosakische Hauptlager „Ssitsch“[2]) an den Stromschnellen des Dnipró gänzlich zerstören und der Rest der saporoger Kosaken siedelte sich nach längeren Irrfahrten am Kubanj an. Das Vernichtungswerk der russischen Regierung wurde 1783 mit der endgültigen Aufhebung der kosakischen Heeresorganisation gekrönt.

Gleichzeitig wurde auch die Leibeigenschaft über die gesamte Bauernschaft, welche unter Chmelnytzkyj frei geworden war, von rechtswegen verhängt und so der Zwiespalt zwischen dem aus dem Kosakenstande hervorgegangenen ukrainischen Adel und dem gemeinen Volke noch erweitert und vertieft.

In den bei Polen gebliebenen Teilen der Ukraine nahmen die früheren Gegensätze und Kämpfe nicht ab; sie änderten nur ihren Charakter, indem sie einerseits in wilde Bauernrevolten ausarteten, andrerseits in haarsträubende Strafexpeditionen. Es ist dies die traurige Haydamakenzeit

  1. Das linke Dniprógebiet (Poltawa und Tschernihiw).
  2. Ssitsch, urbargemachte Waldstelle, Verhau. Bodenstedt bringt das Wort in Zusammenhang mit dem deutschen „Sitz“. Dieses Lager wurde je nach den Umständen an verschiedene sichere Plätze am Dnipró verlegt.