Seite:Taras Schewtschenko. Ein ukrainisches Dichterleben. Von Alfred Jensen (1916).djvu/131

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aber zerstreuten sich nach allen Richtungen, nach Kubanj und an die Donau; die Sitsch wurde zerstört.

„Seitdem in der Ukraine
grünet das Getreide.
Weder Tränen noch Geschütze!
Nur die Winde wehen,
Weiden in dem Haine biegend,
Pfriemengras am Felde.
Alles stumm. Ja, mag es schweigen –
das ist Gottes Wille.
Nur mitunter abends wandern
längs des Dniprós Ufer
noch die alten Hajdamaken,
ihre Lieder singend.“

Im großen Ganzen entspricht die poetische Erzählung den Tatsachen, gewisse Einzelheiten ausgenommen. Die Revolte z. B. dauerte nicht ein volles Jahr, sondern kaum zwei Monate. Auch einige literarische Reminiszenzen könnten nachgewiesen werden: Czajkowskis polnischer Roman „Wernyhora“ war Schewtschenko nicht unbekannt, und sein Gedicht hat an einigen Stellen eine gewisse Ähnlichkeit mit Goszczynskis schreckensvoller Erzählung „Das Schloß in Kaniów“. Hauptsächlich hatte Schewtschenko jedoch aus der mündlichen Überlieferung geschöpft und nicht aus Büchern. Gedenkt er doch dankbar im Epilog seines Großvaters, der „in seinem hundertjährigen Kopfe den kosakischen Ruhm aufbewahrt hatte“.

Nachdem die „Hajdamaken“, dem Schriftsteller J. W. Hryhorowytsch gewidmet, zur Erinnerung an die Freilassung des Dichters 1841 zum erstenmal in Petersburg gedruckt wurden, hatte dieses Epos schon bis 1885 zwölf Auflagen erlebt und es ist in mehrere slawische Sprachen[1] übersetzt worden. Es enthält auch schöne Episoden, z. B. die Liebesszenen zwischen Jarema und Oksana, der Schluß etc. und die Szene, wo Honta seine Kinder auf der öden Heide beerdigt, ist von erschütternder Wirkung. Der Dichter


  1. Bruchstücke deutsch von Obrist (1870), allerdings sehr schlecht übersetzt und heutzutage ungenießbar.