Seite:Taras Schewtschenko. Ein ukrainisches Dichterleben. Von Alfred Jensen (1916).djvu/12

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Popowicz. Hier erst wurde in deutscher Sprache der Grund zu einer nichtslawischen wissenschaftlichen Schewtschenko-Literatur gelegt.[1])

Wenn ich mich jetzt unterfange, eine neue Studie über Schewtschenko herauszugeben, bin ich mir dessen wohl bewußt, daß ich schwerlich etwas wesentlich Neues bringen kann. In der jetzigen Zeit, wo der internationale wissenschaftliche Verkehr durch die kriegerischen Ereignisse gehemmt wird, ist es auch fast unmöglich, das nötige Material zusammenzustellen und es fehlt mir besonders in bezug auf die Biographie – ich bediene mich im wesentlichen der von Alexander Konyskyj verfaßten Lebenschronik (Lemberg 1898 bis 1901) – leider an zureichenden Quellen, z. B. an Briefen, um das Bild des Dichters ergänzen zu können. Als erstes Ziel stellte ich mir vor allem die Aufgabe, den Dichter, wie die ukrainische Volksseele überhaupt, durch seine eigenen Dichtungen zu ergründen und zu beurteilen. Dieser Versuch wird jedenfalls einer guten Sache dienen; trotz aller Mängel kann die spärliche ausländische Schewtschenko-Literatur durch eine einheitliche Behandlung des Stoffes nur gewinnen und das Urteil eines nichtukrainischen Literaturforschers und Slawisten dürfte auf das europäische Publikum besonders kräftig und überzeugend einwirken. Da diese Arbeit, obgleich sie auf wissenschaftlichem Grund basiert, nicht für Spezialisten geplant ist, sondern für ein größeres Publikum, habe ich auf das benützte Quellenmaterial nur ausnahmsweise hingewiesen.

Obzwar mir die Übertragungskunst slawischer Dichtungen ins Schwedische nicht fremd ist, traue ich mir


  1. Im selben Jahre publizierte Sylvester Jarytschewskyj in Sereth seinen in deutscher Sprache gehaltenen Vortrag: „Ein Dichter der Liebe und des Protestes“.