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Walther Kabel: Täler des Todes. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 4, S. 216–220

Menschen, nach einer verlorenen Schlacht in dieses Tal geflüchtet haben, dicht gefolgt von den Siegern, die fast gleichzeitig mit den Fliehenden in den Kessel eindrangen, um diese bis auf den letzten Mann niederzumachen. Diese Blutgier soll die Dämonen der Berge so ergrimmt haben, daß sie auch die Sieger durch eine geheimnisvolle Krankheit wie durch einen einzigen Blitzstrahl an Ort und Stelle hinwegrafften zur Warnung für die anderen Stämme, die auch fortan miteinander in Frieden lebten.

Dieser Sage liegt, wie der französische Forscher Galeon berichtet, etwas Tatsächliches zugrunde. Galeon hat festgestellt, daß der vulkanische Boden des Trivorytales ein äußerst giftiges Gasgemenge ausströmt, das kleinere Tiere schon in wenigen Sekunden tötet. Ebenso ist nachgewiesen, daß noch zu einer Zeit, da die Franzosen bereits Teile Madagaskars zu kolonisieren begannen, Todesurteile in dem Gebiet der Tanala derart vollstreckt wurden, daß man die an Armen und Beinen gefesselten Verurteilten in das Tal hinabrollen ließ, wo sie dann in kurzer Zeit erstickten. Der französische Forscher hat auch beobachtet, daß die giftigen Ausdünstungen, die die Erde in jenem Kessel aushaucht, bisweilen Vögel, die sich zufällig auf den wenigen, am oberen Rande des Trivorytales stehenden Bäumen niedergelassen hatten, schon nach einigen Minuten töteten. Welcher Art das tödliche Gas ist, konnte aber bisher nicht ermittelt werden. Man vermutet, daß es in der Hauptsache Kohlenoxydgas ist, das jenen Ort zu einem Tal des Todes gemacht hat.

Ein zweites, nicht weniger gefährliches Gifttal befindet sich auf der Insel Java. Die Luft in jenem Kessel ist mit Kohlensäure völlig überladen und vernichtet ebenfalls jedes organische Leben in kürzester Zeit. Ein Chemiker, der einer wissenschaftlichen Expedition zur Erforschung der klimatischen Verhältnisse Javas angehörte, schreibt über seine Erfahrungen in der Todesschlucht von Kediri folgendes: „Wir nahmen zwei Hunde und einige Vögel mit, um damit Versuche anzustellen. Bereits vor dem Eingang der Schlucht empfanden wir einen widrigen und erstickenden Geruch. Überall

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Walther Kabel: Täler des Todes. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1912, Bd. 4, S. 216–220. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1912, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:T%C3%A4ler_des_Todes.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)