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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

denen nur etzliche wenige, Stämme so 2.spaltig sind / anzutreffen / welche aber wieder aufs neue abgetrieben / auch wohl 20. biß 30. Stangen / so darneben stehen / mit abgehauen / und in die Clafftern eingeleget werden solche damit voll zu machen.

Wie grosser Schade nun dadurch geschicht / und der annebest kleinere Wiederwachs / so in der Nähe ist / bey dem Holtz-Fällen / Holtzmachen / ingleichen bey den zu- und abführen / verderbet wird / ist leicht zuerachten / bevoraus / weil diese junge Bäume / so in besten Wachsthum / und in Stande sind / Saamen zutragen / der Gegend für der Zeit entrissen / und also der Saamen zu fernern Anflug entzogen wird. Der Verlust / oberzehlter massen / so in vielen Provinzien in Höltzern geschicht / ist nunmehro allzu notorisch / und erfodert ein baldiges und würckliches remedium, sonsten dürffte das Ubel weiter fressen / und incurabel werden.

Unterdessen aber ist es gewiß ein Werck von grosser importance, und continuirlicher Uberlegung, dem Holtzmangel und Verödung derer Gehöltze / mit guten Bestande fürzukommen / massen in vielen Ländern die wenigsten Personen / auch die Holtzgerecht und verständig seyn / ohne Zweiffel nicht vermeynet haben / daß in so kurtzer Zeit dergleichen grosse Reviere und Vorrath an Holtz abgetrieben / und verödet werden können.

Es sollen uns also billig die Gedancken vergehen / als wenn es nimmermehr an Holtze mangeln könte / oder daß es nicht zu consumiren wäre / sondern vielmehr uns sicherlich persuadiren / daß aus oberzehlten Ursachen / der jetzt vor Augen stehende Holtzmangel folgen solte / welcher auch verursachen dürffte / daß vollends alles abgetrieben werden müste / es mag letzlich werden / wie GOtt wolle. Es würden als denn viel tausend Menschen beklagen / ja gar beweinen / sonderlich das Armuth / und die jenigen / so ihren Verdienst / Unterhalt und Arbeit bey dem Holtz haben / daß sie den grossen Nutzen / Bequemligkeit und Vortheil / so sie sonsten dabey genossen / gäntzlich entbehren sollen / dahin gegen auch die meisten Einwohner / Frost / Kälte und Ungemach ausstehen / und ihre Nahrung nicht treiben werden können.

Folglich werden viel zur Holtzspar-Kunst von sich selbst gezwungen werden / und jeder seinen Sinn / Vernunfft und Hand anlegen müssen / das Ubel mit Pflantzen / Säen und guter Wartung bey Zeiten zuersetzen.

Wenn wir denn in gegenwärtigen Wercke hierzu verhoffendliche dienliche Mittel gewiesen / und einen verständigen Hauß-Vater / oder wer ihnen sonst die Wohlfahrt seines Vaterlandes und die Abhelffung des gemeinen Schadens angelegen seyn lassen will / Gelegenheit hierunter einiger massen an die Hand gegeben / so wollen wir hiermit in GOttes Nahmen dieses Capitel beschliessen.

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/93&oldid=- (Version vom 12.12.2020)