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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

fast nicht glaublich zuseyn scheinet.

Gewißlich wenn man sich derer grossen Holtz-Refieren / so für einem halben Seculo hin und wieder annoch vorhanden gewesen / zurück erinnern solte / so würde sichs ausweisen / daß eine unbeschreibliche und unglaubliche Summa an Höltzern abgetrieben / und hat niemand dieses sich wollen überreden noch einbilden lassen / sonsten man ohne Zweiffel solche so starck nicht angegriffen haben würde / wenn man geglaubet / daß so ein grosser Vorrath von Holtze so bald verthan werden könte.

§. 15. Eine derer vornehmsten Ursachen des Holtzmangels ist auch / daß man bey so grossen Abgang desselben wie bereits berühret worden / nicht bey Zeiten Sorge getragen / wie diejenigen Höltzer / so annoch vorhanden / durch das Pflantzen und Säen erhalten / also der Abgang ersetzet / und der Schade so viel möglich repariret werden möchte / zumahl an solchen Orten / da ein grosser Theil der zeitlichen Wohlfarth Flor und Glorie eines Landes an Holtz-Sachen hänget.

Aber nichts destoweniger consumiret man das Holtz in grosser Menge / und ob es gleich jedermann spüren und sehen muß / daß solches gantz und gar nicht zu entrathen / und sich doch gewisse und gute Mittel offeriren / wie am sichersten / und am baldigsten diesen Unheil vorzukommen / und der unleidliche Holtz-Mangel zuersetzen / so wird doch am allerwenigsten daran gedacht wie man es wieder zum Anflug bringen / oder ansäen möge / sich und die Nachkommen damit zuversorgen.

Und wie wohl bekannt / daß von unsern Vorfahren von langen Zeiten her / solches prognosticiret / auch wohl möglichste Anstalt gemachet worden / so / daß ehe und bevor die überständigen Höltzer abgetrieben / der Wiederwachs wieder hervor kommen wäre; so hat doch die allzustarcke consumtion die Sorgfalt unserer Vorfahren in Spahrung auch in Säen und Pflantzung des Holtzes unterbrochen / welches aber / so es beschehen / und das Säen und Pflantzen fortgestellet worden / hiesiger Landen vorjetzo viel Tonnen Goldes importiren würde. Weil es denn nun leider ein allgemeines Unglück ist / daß die meisten Gehöltze abgetrieben / und auf vielen Blösen kein Anflug zusehen ist / so müssen wir solches gewiß für eine sonderbare Straffe GOttes halten / indeme man diesem Ubel durch Säen und Pflantzen der wilden Bäume gebührend nicht für kommen / und den Wiederwachs befördert / und ist freylich zubejammern / daß die Sachen in solchen Abfall gerathen / daß der arme Mensch des wilden Holtzes nicht mehr gnug hat / sondern er soll auch die Erde zu Fortbringung dessen nun selber bauen / dadurch ihm noch mehr Arbeit auf gebürdet wird.

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/65&oldid=- (Version vom 29.12.2019)