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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Uberlegung aus dem großen Buch der Natur lesen / nicht allein der Bäume Gestalt / Form, Signatur, Constellation des Himmels / darunter sie so wohl in unserm / als in einem fremden Climate grünen / sondern auch die Matricem oder Ort / in welchen der Baum stehet / und wie dadurch der Holtz-Anbau zum großen Nutzen des menschlichen Geschlechts befördert werden möchte.

Wie dann gewiß dergleichen Betrachtungen / in physicalischen Dingen / so wohl eine der annehmlichsten / als aller nothwendigsten, Sorge und Bemühung billig mag genennet werden.

Vornehmlich aber dienet hierbey zur Erkäntniß der Göttlichen Allmacht / wenn wir an den Bäümen etwas seltsames und ungemeines sehen / oder davon geschrieben lesen / dergleichen viel hin- und wider in der Natur entstehet und sich ereignet.

§. 4. Wer verwundert sich nicht darüber / wenn er höret oder lieset / daß ein Baum an stat eines Brunnens einer gantzen Insul das Wasser darreichen muß? Denn die Insul Ferro, so eine von denen Canarischen ist / hat die Natur wunderbarlicher weise / weil sonsten keine süsse Brunnen-Quelle oder Bäche verhanden / mit süssen Wasser durch einen Baum versorget / und den süssen Wasser-Mangel reichlich ersetzet / indem sothaner Baum so der Grösse und Blättern nach / dem Nußbaum nicht ungleich / das Wasser und Feuchtigkeit aus der Erde und Lufft in großer Menge an sich zeucht / nachmahl von den Aesten und Blättern überflüßig wiederum abtropffen lässet / und Menschen und Vieh träncket / auch durch gemachte Graben die gantze Insul wässert / welche sonsten des Wasser-Mangels halber gar unbewohnet bleiben müste. Hieron. Benzo de Insul. Caner. c. 2. Petr. Martyr. hist. ocean. Decad. 1. l. 1. circa finem.

§. 5. Wie nun dieser Wunder-Baum / so gewiß eine sonderbare Freygebigkeit der Natur zu nennen / mit Wasser sich berühmt machet / so finden sich anderseits Bäume / welche materie geben das Feuer davon zuerhalten und Lichte davon zu machen.

Denn nach / Bericht des jetzo wohl bekannten Jesuiten Pere le Comte wächset in China ein Wunderwürdiger Baum / so Talch oder Inselt träget. Die Rede davon allein möchte einen bestürtzen / und da man dergleichen in der Welt sonst nicht hat / möchte man sich einbilden / daß es eine ungereimte Sache sey.

Unterdessen ist nichts gewissers; Es ist solcher Baum der Höhe nach unserem Kirsch-Baume gleich / seine Aeste sind krum / die Blätter Hertzformig / lebhafftig und von hoher Röthe / die Schale glatt / der Stamm kurtz / der Gipffel rund und gebogen; Die Frucht scheinet mit einer in 3. Kugelstück getheilten Schale umgeben zu seyn / die sich in der mitte / wie eine Castanie aufthut / und drey weise Kern / von größe einer kleinen Hasel-Nuß / vorstellet.

Alle Aeste seyn davon bedecket / und diese Vermischung

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 400. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/416&oldid=- (Version vom 20.8.2021)