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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

entweder biß zu Ende des Berges, oder doch nur so weit als dieses seyn will / da man nehmlich wegen hohler Wege / Pfule / Wasser-Ströme / und Moräste / oder auch Felsen und großer höhe halber / Umwege nehmen muß auff welchen Fall / wenn es die situation anders leidet man die Seiten-Wege ebenfals der Linie nach einrichten kan / welches alles nicht nur eine gleichmäßige Augenweide giebt / sondern es nimmt auch ein gerader Weg nicht so viel Raum weg / und wird so viel Grund und Boden nicht damit verderbet / als sonsten durch die vielen krummen Wendungen und Kehren geschicht.

§. 26. Nechst denen Augen hat auch das Gehör von denen Wäldern sein Theil und Vergnügen zu geniessen / worzu so wohl die singenden Vögel / als auch die Bäume selbst das ihrige contribuiren / sintemahl die Freud erweckende Musicalische Instrumenta mehrentheils aus Holtz bereitet werden / wie denn die dünnen Breter / so man aus denen alten Tannen schneidet / die besten resonanz-Böden geben.

Ja auch ohne dieselben kan das Gehör eine sonderbahre Belustigung haben / maßen denn in denen Wäldern / Höltzern und Büschen / ein vielfältiges Echo oder Wiederschall insgemein anzutreffen ist / so ein Wort drey vier oder mehrmahl nachsprechen kan / die weil die dicken Bäume / Zweige und Blätter die Stimme nicht durch dringen lassen / sondern selbige wieder zurücke schicken davon Virg. Ecl. I.

Formosam resonare doces Amaryllida sylvas. d. i.
Du lehrst die grünen Wälder singen /
Und Amaryllis wiederklingen /

welch Echo denen Ohren um so viel angenehmer und unvergleichlicher gemacht wird / wenn man es mit Instrumental-Music auffordert.

§. 27. Da nun also dergleichen nur die Augen und Ohren füllet / den Magen aber nicht sättigen mag / so sind doch auch in diesem Stücke die Wälder und wilden Bäume nicht neidisch oder sparsam.

Man giebt zwar gerne zu[WS 1] / daß die wilden Aepffel und Birn zur Delicatesse wenig nutzen / sondern vielmehr den Mund zu sammen ziehen; gleichwohl aber kan man nicht in Abrede seyn / daß eben dieselben an etlichen Orten / so wohl von denen vornehmsten Leuten / als auch dem gemeinen Manne zum Geträncke gar angenehm und brauchbar geachtet sind / gestalt der so genante Cyther daraus bereitet wird.

Auch ist am Tage / daß die Eicheln und Buchäckern vor uhralten Zeiten in vielen Ländern / ehe man noch das Korn gnugsam zu bauen und Brod daraus zu backen gewust / auch nach der Zeit bey entstandener Theurung / von denen Leuten zu ihrer Nahrung gar nützlich gebraucht werden / anietzo aber überläst man sie denen Schweinen / Truthünern / und andern Viehe /

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: zn
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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/385&oldid=- (Version vom 20.8.2021)