Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica | |
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§. 5. Zu Verbauung der Wasser-Risse ist auch neben der Erlen kein dienlicher Holtz anzutreffen / denn es verwahret und richtet ein Weidner Stock gegen der Gewalt der grossen und reissenden Ströhmen oder Seen mehr aus / als der gröste Eichen-Baum.
Und ist dieses gewiß ein sonderlicher Vortheil und Nutzen / mit so geringen Kosten das Weg-Waschen der Dämme und Ufer zu verhüten / welches sonsten mit grossen Unkosten geschehen müste / wenn man die Teich-Tämme mit Stein und Holtz aussetzen solte.
Hiernechst so hat der Fisch seine Nahrung von allerley Gewürm so sich bey diesen Sträuchern aufhalten und ins Wasser fallen / kan sich auch für den Wellen darunter verbergen.
In morastigen Orten machen die Weiden den Boden hohl / daß das Wasser unten wegfället / und oben Graß wächset.
Es giebt auch die Weide Holtz zu brennen / und weil es wenig raucht / so ist es in die Camine sehr dienlich.
Die Kohlen darvon sind gut zum Büchsen-Pulver / weil sie leicht Feuer fangen / auch brauchen sie die Mahler zum Abreissen / weil der Staub davon leicht / und sich bald ab- und auswischen lässet.
§. 6. Die kleinen Weiden geben nicht weniger mancherley Nutzen / als: die Weinstöcke damit an die Pfähle zu befestigen / Reissig damit zu binden / item Reiffe daraus zu machen.
Man kan sie auch brauchen zu Zäunen / Wasser-Dämmen und dergleichen / item zu Fisch-Reißern / Flechten / Tauben-Hüner-Häußer / Wagen- und andern Körben etc. Zu solchem Ende sollen in Franckreich und Engelland viel Aecker mit einer kleinen Art Weiden-Saamen besäet werden / welche hernach abgehauen / in Bündlein gebunden / und sonderlich zu allerhand Körben gebraucht werden / daß also ein Acker weit höher / als mit dem besten Getreyde-Bau auf ein Jahr zu nutzen ist.
Man will aber dafür halten / daß es in unsern Landen nicht practicirlich / weil das Unkraut eher als die Weiden hervor kommen und also diese gar verdemmen und unterdrücken würden / dem Unkraute auch nicht gewehret / oder solches getilget werden könte.
Jedennoch stünde es zu versuchen und zu erkundigen / wie der Acker vor der Saat zuzurichten / und dem Unkraut hierdurch zu steuern sey.
Ferner so werden in Persien in der Stadt Serkacche genannt / aus zarten Weiden allerhand Wahren gemachet / und in die umliegende Länder weit und breit verführet / da denn sehr viel Leute sich reichlich davon nehren.
Vor Zeiten hat man auch die Weiden zu Schilden gebrauchet / wie PLINIUS lib. 16. cap. 40. schreibet / und zugleich dessen Uhrsache meldet: Scuta quoque gestatu levissima & usui aptissima, quia ferrum lentissima non facile transmittunt.
Daß sie nemlich sehr leicht und das Eisen ihrer Zachheit halber nicht durchdringen können.
Das Laub von Weiden in
Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/359&oldid=- (Version vom 20.8.2021)