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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

Bret-Klötzer oder noch so viel Schindel-Spähne geben und sonsten zum Bau tüchtig sey.

§. 9. Wenn man große Aeste abschneidet / so muß man unten und oben loß schneiden / sonsten wenn ihn die Schwere des Astes selbst loß reißet / so nimmt es die Schale von den Bäumen mit / und beschädiget also dieselbe. Wird ein Ast oder Knorren abgehauen / so überlaufft es sich nicht leichtlich mit der Rinde / zumahl wenn der Stamm nicht gar zu jung ist / sondern es wird hohl / alsdenn dringet Wasser Lufft und Wetter hinein und der Baum wird nach und nach gar faul.

Derowegen soll man das Unnütze oder überleye des Astes glatt abschneiden und keinen Sturtzel daran laßen / damit die Narbe desto eher überlauffen könne.

Denn wenn ein Sturtzel bleibet / so springet und spaltet er sich auf; fället nun der Regen in solche Spalten so faulet er biß in den Stamm hinein / daß der Baum dadurch hohl / knorricht / und unbrauchbar zum Bauen wird.

Es ist auch nicht undienlich / daß man den Schnitt mit frischer Erde reibe / welches den Safft zurücke treibet / daß er nicht heraus dringen und auslauffen kan / oder aber / weil die Baum-Salbe etwas kostbar / so kan man den Ort / wo etwas abgeschnitten nur mit Leim (welchen auch theils mit Küh-Mist / auch mit gepulverten Schwefel vermenget / oder nur bloß mit Küh- oder Schwein-Mist / verschmieren / daß das Hartz nicht nachgehe.

§. 10. Dieses Beschneiden und Abnehmung der Aeste geschiehet wie schon erwehnet mehrentheils darum / daß ein Baum einen schönen geraden Schafft bekomme / und in die Höhe wachse / dahero kan alles obangeführte zuförderst bey dem Ober-Baum practiciret werden / so zwischen dem Schlag- oder so genannten Unter-Holtz stehet und aufwächset.

Wenn aber hingegen ein Baum sich ausbreiten / oder zu einem Saamen-Baum dienen und viel Aeste erlangen soll / so schneidet man von solchen alsobald den Wipffel ab / so treibet er in die Aeste und träget also Frucht und Saamen.

§ 11. Von der Zeit oder Witterungen / wenn das Ausputzen oder Beschneiden mit Nutzen vorzunehmen / auch etwas zu gedencken / so soll man das Holtz / das viel Kern oder Marck hat / bey gar heißen oder kalten Wetter / auch wenns starck regnet oder schneiet / nicht beschneiden / denn dadurch möchte ihnen großer Schade geschehen und die üble Witterung durch den Schnitt und Marck eindringen.

Etliche bewerckstelligen das Ausputzen der Bäume, so viel die schädlichen Sprößlinge betrifft; zu jeder Zeit des Jahres / hauen und schneiden solche ab / so bald sie deren ansichtig werden. Manche pflegen / wenn der Weitzen blühet im Junio die Bäume zu beschneiden und meynen weil der Safft sich zu der Zeit

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/277&oldid=- (Version vom 20.8.2021)