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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

ist die Herbst-Saat wohl die beste; jedoch ist die so in Frühling und theils Sommer geschiehet / auch nicht zu verachten / und zu verwerffen / zumahl wenn gnugsame Reegen fallen / damit der Saame aufgehen kan; Allermaßen wenn der Baum-Saamen zu gleicher Zeit mit aufgehet / da im Frühling das Graß hervor kömmt / so ist gute Hoffnung / und kan das Stämmgen / bey der Sommer-Wärme und guter Witterung nach und nach desto besser anwachsen und erstarcken / daß es dem künfftigen Winter um so viel eher austauert. Unterdessen so ist doch bey jeglicher so wohl Frühlings- als anderer Saat etwas bedenckliches.

Denn kommt das Stämmgen zeitlicher als das Graß / so können es die späten Frühlings-Fröste und Kälte leicht ruiniren; kommt es aber in heißesten Sommer / so drucket es die Hitze; oder gar spat im Herbst / so ist zubesorgen daß es aufn künfftigen Winter gantz eingehet.

Und bleibet es also auch dieses Umstandes halben bey unserer vormahls gegebenen Regul: daß die beste Baumsaat / oder See-Zeit sey / wenn solche die Natur selbst anzeiget.

Dann um eben selbige Zeit hat ihm GOtt der Allmächtige sein Ziel zum säen bestimmet / nehmlich wenn der Saame völlig reiff / und von sich selbst aus den Hülsen / und Behältnissen ausfället / und alsdenn von Wind hin und wieder ausgesäet wird.

Also soll man in allen diesen der Natur nach ahmen / weil selbige am besten weiß / was nützlich / nöthig und profitabel dabey ist.

Jedoch wird die selbige an ihrer Würckung bey einem sehr nassen / und kalten Sommer / daß der Saame nicht zu rechter Zeit reiffen und vollkommen werden kan / zum öfftern gehindert / zumahl wenn in Frühling die rechte Blühe-Zeit sich verziehet / als denn auch die Reiffung des Saamens tardiret wird / dahero in allen Fällen sich mit der Saat darnach zurichten ist.

Auch wird / was das Säen selbsten anbetrifft hierbey auf den Boden reflexion zu nehmen seyn. Denn wenn derselbe zu kalt oder zu naß ist / so ist das Säen in Frühling besser / als in Herbst / sonsten aber gehet dieses jenen weit für.

Ferner so geschiehet es / daß wie oben gedacht / der Tannen- und Fichten-Saamen nicht allemahl in Herbst reiffet / sondern wohl erst in Martio folgendes Jahres / auff welchen Fall die Saat ebenfalls in Frühling vorzunehmen seyn dürffte.

Weil von Nachahmung der Natur gemeldet worden so ist beyläuffig zu erinnern daß man solches in Ausstreuen des Saamens folgender Gestalt thun kan: man hänget mit rohen Garn die Zapffen an Bäume oder Stangen / an den Ort / da man Holtz zeugen will / daß sie von sich selbst den Saamen fallen / und von Wind und Lufft

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/190&oldid=- (Version vom 21.8.2021)