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Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504

veranlaßte, M läßt sie dorthin fliehen vor dem Zorn des Ritters. R hebt [als Wunderzeichen der Unschuld Adelheids] ihre völlige Unberührtheit von der Flamme zweimal hervor, während M nichts davon meldet. Hinwieder schweigt R von Quell und Waldkapelle.

Dagegen stimmen R und M überein in folgenden Zügen: Der Gatte ein Ellerbacher, Adelheid eine Rot; Ursache des Verbrechens unbegründete Eifersucht des Gatten; Mordstätte eine Scheune, die nahe der Burg gedacht ist; Todesursache die Brandlegung an der Scheune; Bestattungsort der Adelheid eine Kapelle der Klosterkirche Wettenhausen.

Die Vergleichung der beiden Berichte ermöglicht uns die für die Kritik belangreiche Feststellung, daß hier zwei von einander unabhängige Berichte vorliegen. Das ergibt sich aus der völligen formalen Selbständigkeit und aus den recht erheblichen inhaltlichen Unterschieden und ist von Bedeutung für die Kritik deshalb, weil nur unabhängige Berichte, solche, von denen weder der eine aus dem andern geschöpft ist noch beide aus einer gemeinsamen Quelle geflossen sind, als mehrfache Bezeugung gelten können; „aus zweier oder dreier Zeugen Mund“ aber „wird jede Sache festgestellt“, heißt es schon im Deuteronomium (19, 15) und wieder im Evangelium (Matth. 18, 16), und die historische Kritik bekennt sich zu demselben Grundsatz, sowie sie nur völlige Unabhängigkeit für gegeben erachtet.

Die nächste Vorarbeit, wenn wir zu einem Urteil über die Zuverlässigkeit der Berichte gelangen wollen, ist die Quellenanalyse, d. h. die Untersuchung darüber, woher R und M ihre Kenntnis gewonnen haben mögen. R beruft sich einmal (da, wo er vom Beisetzungsort der Adelheid spricht) auf die Ueberlieferung (traditio), womit er ohne Zweifel die mündliche meint. Sehr wahrscheinlich aber beruht sein ganzer Bericht auf mündlicher Ueberlieferung, und ich denke dabei in erster Linie an Ueberlieferung innerhalb seiner eigenen Familie, wo doch wohl das Verbrechen an dem edlen Sproß in der Erinnerung noch lebte, falls es überhaupt stattgefunden hat.

Der Marschalk, also der Verfasser des M-Berichts, war ebenfalls verwandt; ein Ellerbach, nach des Marschalks Angabe ein Bruder des Mörders, war einer seiner Ahnväter. So mag sich auch in seiner Familie eine Erinnerung an die Untat in Form

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Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504. Selbstverlag der Herausgeber, Dillingen 1929, Seite 475. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Studie_%C3%BCber_das_Krumbad.pdf/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)