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Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504

Zeit, der die Volksphantasie so wenig beschäftigte oder gar in ihrem Dichten beirrte wie Ortsumstände. Und in der Volksvorstellung war verbreitet durch Sage und Legende – übrigens in uralten mythischen Gedankengängen wurzelnd – die Annahme, daß Gott für die verfolgte Unschuld eintrete und zeuge durch Quellwunder, durch das Hervorrufen von „Quellen an der Todesstelle unschuldig Getöteter“ (Weinhold 9, mit Belegen). So war die Grundlage gegeben, auf der sich die Verrückung des Mordschauplatzes in der Volksphantasie vollziehen konnte.

Und der Heilbrunn im Krumbad war sehr alt, wie sich noch zeigen wird. Wir dürfen annehmen, daß sich auch an ihn wie an die allermeisten Heilbrunnen von hohem Alter eine Sage knüpfte, daß schon lang vor Ausbildung der Adelheidsage eine edle, keusche Frau mit dem Heilquell verbunden gedacht wurde, da doch überwiegend reine Frauen oder Jungfrauen in den Quellensagen auftreten in sinniger Beziehung zu der Unberührtheit des Wassers an seinem Ursprung und zu den „nährenden, reinigenden, heilenden, begeisternden Eigenschaften des Wassers“ (Weinhold 17).

Vielleicht auch hieß seit alters schon unser Quell der „Brandbrunnen“; wenn schon der Name spät erst (um 1600) hervortritt, er kann sehr wohl bereits viele Jahrhunderte hindurch und lange vor jenem Mord im Volksmund gelebt haben im Sinne von „sprudelnde Quelle“[1] (brennen und Brunn gehen auf die gleiche Wurzel zurück), hätte aber in diesem Sinne im späten Mittelalter (zur Zeit also der Ausbildung der Adelheidsage) längst nicht mehr verstanden werden können, ja als Unsinn empfunden werden müssen, so daß die Volksetymologie, immer geneigt und geschäftig sinnlos gewordenen Wörtern einen neuen Sinn unterzulegen, Veranlassung hatte, nach anderer Deutung des Ausdrucks zu suchen, wobei denn der Mordbrand und der Brandbrunnen leicht in der Vorstellung zusammenkommen konnten und der schon vorhandene Name der örtlichen Beziehung des Krumbader Brunnens zu jenem verbrecherischen Brand den Weg öffnen mochte.

Indes, mag es sich mit dem Namen Brandbrunnen verhalten wie immer, die Sache selbst, ich meine der dem heutigen Sinn dieses Namens zugrundeliegende Sachbegriff: die Entstehung


  1. Herrn Dr. Dertsch verdanke ich diesen Hinweis.
Empfohlene Zitierweise:
Alfred Schröder: Studie über das Krumbad. In: Archiv für die Geschichte des Hochstifts Augsburg 6, S. 471–504. Selbstverlag der Herausgeber, Dillingen 1929, Seite 486. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Studie_%C3%BCber_das_Krumbad.pdf/16&oldid=- (Version vom 1.8.2018)