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zumal wirken hier anregend, ja betheiligen sich selbst an der Litteratur 49). Zu diesen fürstlichen Gönnerinnen gehört nun auch Mechthild. Sie hatte pietätvoll dem Alten ihre Theilnahme geschenkt, in noch bedeutsamerer Weise aber zeigte sie sich jetzt für das Neue und geistig Höhere empfänglich. Ihr Einwirken auf die neue Litteratur lernen wir am besten aus den schlichten, wahrheitsgetreuen Schilderungen des Esslinger Stadtschreibers Nicolaus von Wyle 50) kennen, dessen Bedeutung für die Litteraturgeschichte — Lessing 51) lässt mit ihm und Heinrich Steinhöwel unsere gedruckte Litteratur beginnen — hier aber nur berührt werden kann, so weit sie in einem Lebensbilde Mechthilds Berücksichtigung verdient.

     Nicolaus von Wyle war ein Schweizer und ist im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts zu Bremgarten im Aargau geboren 52). Vielleicht in Zürich, wo er angesehene Verwandte 53) hatte, erzogen, bekleidete er dort später das Amt eines Schulmeisters, d. h. Rectors der oberen Schulen 54), wir wissen aber nicht wann und wie lange. In die Züricher Zeit fällt jedenfalls seine Bekanntschaft mit dem edelen doch unglücklichen Humanisten Felix Hemmerlin, dem Wyle später ein schönes literarisches Denkmal in einer seiner Translationen gesetzt hat 55). Von 1445—1447 (?) finden wir ihn als Ratschreiber zu Nürnberg 56), im Verkehr mit dem berühmten Rechtsgelehrten und Stadtsyndicus Gregor von Heimburg 57). Vom Jahre 1449 an lebte Nicolaus in derselben Eigenschaft mit einigen Unterbrechungen in Esslingen, seit 1465 lebenslänglich als Stadtschreiber mit 50 Gulden Gehalt daselbst angestellt. Er erwarb sich bald das allgemeine Vertrauen und widerholt sehen wir ihn auswärts als Gesandten seiner Stadt 58). Gleichzeitig unterrichtete er dort in seinem Hause junge Leute vornehmer Stände in der Schreib- und Dichtkunst, insbesondere