scharf nach allen Seiten; in seinem Kopfe wühlten die Gedanken: Was hatte er für Schuld vor Gottes Thron zu tragen? – Der Durchstich des neuen Deichs – vielleicht, sie hätten’s fertig gebracht, wenn er sein Halt nicht gerufen hätte; aber – es war noch eins, und es schoß ihm heiß zu Herzen, er wußte es nur zu gut – im vorigen Sommer, hätte damals Ole Peters’ böses Maul ihn nicht zurückgehalten – da lag’s! Er allein hatte die Schwäche des alten Deichs erkannt; er hätte trotz alledem das neue Werk betreiben müssen: „Herr Gott, ja ich bekenn’ es,“ rief er plötzlich laut in den Sturm hinaus, „ich habe meines Amtes schlecht gewartet!“
Zu seiner Linken, dicht an des Pferdes Hufen, tobte das Meer; vor ihm, und jetzt in voller Finsterniß, lag der alte Koog mit seinen Werften und heimathlichen Häusern; das bleiche Himmelslicht war völlig ausgethan; nur von einer Stelle brach ein Lichtschein durch das Dunkel. Und wie ein Trost kam es an des Mannes Herz; es mußte von seinem Haus herüber scheinen, es war ihm wie ein Gruß von Weib und Kind. Gottlob, die saßen sicher auf der hohen Werfte! Die Andern,
Theodor Storm:Der Schimmelreiter. Berlin: Gebrüder Paetel, 1888, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Storm_Der_Schimmelreiter.djvu/218&oldid=- (Version vom 1.8.2018)