Hauke schlug die Arme um sein Weib: „Bei Sonnenaufgang bin ich wieder da!“
Schon war er auf sein Pferd gesprungen; das Thier stieg mit den Vorderhufen in die Höhe; dann gleich einem Streithengst, der sich in die Schlacht stürzt, jagte es mit seinem Reiter die Werfte hinunter, in Nacht und Sturmgeheul hinaus. „Vater, mein Vater!“ schrie eine klägliche Kinderstimme hinter ihm darein: „Mein lieber Vater!“
Wienke war im Dunkeln hinter dem Fortjagenden hergelaufen; aber schon nach hundert Schritten strauchelte sie über einen Erdhaufen und fiel zu Boden.
Der Knecht Iven Johns brachte das weinende Kind der Mutter zurück; die lehnte am Stamme der Esche, deren Zweige über ihr die Luft peitschten, und starrte wie abwesend in die Nacht hinaus, in der ihr Mann verschwunden war; wenn das Brüllen des Sturmes und das ferne Klatschen des Meeres einen Augenblick aussetzten, fuhr sie wie in Schreck zusammen; ihr war jetzt, als suche Alles nur ihn zu verderben, und werde jäh verstummen, wenn es ihn gefaßt habe. Ihre Kniee zitterten, ihre Haare hatte der Sturm gelöst und trieb damit
Theodor Storm:Der Schimmelreiter. Berlin: Gebrüder Paetel, 1888, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Storm_Der_Schimmelreiter.djvu/209&oldid=- (Version vom 1.8.2018)