Nach langem Hinstarren nickte er wohl langsam mit dem Kopfe oder zeichnete, ohne aufzusehen, mit der Hand eine weiche Linie in die Luft, als ob er dem Deiche damit einen sanfteren Abfall geben wollte. Wurde es so dunkel, daß alle Erdendinge vor seinen Augen verschwanden und nur die Fluth ihm in die Ohren donnerte, dann stand er auf und trabte halbdurchnäßt nach Hause.
Als er so eines Abends zu seinem Vater in die Stube trat, der an seinen Meßgeräthen putzte, fuhr dieser auf: „Was treibst Du draußen? Du hättest ja versaufen können; die Wasser beißen heute in den Deich.“
Hauke sah ihn trotzig an.
– „Hörst Du mich nicht? Ich sag’, Du hätt’st versaufen können.“
„Ja,“ sagte Hauke; „ich bin doch nicht versoffen!“
„Nein,“ erwiderte nach einer Weile der Alte und sah ihm wie abwesend ins Gesicht, – „diesmal noch nicht.“
„Aber,“ sagte Hauke wieder; „unsere Deiche sind nichts werth!“
– „Was für was, Junge?“
Theodor Storm:Der Schimmelreiter. Berlin: Gebrüder Paetel, 1888, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Storm_Der_Schimmelreiter.djvu/19&oldid=- (Version vom 1.8.2018)