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hätschelte und küßte es, bis es stammelnd sagte: „Mutter, mein’ liebe Mutter!“




So lebten die Menschen auf dem Deichgrafs-Hofe still beisammen; wäre das Kind nicht da gewesen, es hätte viel gefehlt.

Allmälig verfloß der Sommer; die Zugvögel waren durchgezogen, die Luft wurde leer vom Gesang der Lerchen; nur vor den Scheunen, wo sie beim Dreschen Körner pickten, hörte man hie und da einige kreischend davonfliegen; schon war Alles hart gefroren. In der Küche des Haupthauses saß eines Nachmittags die alte Trien’ Jans auf der Holzstufe einer Treppe, die neben dem Feuerheerd nach dem Boden lief. Es war in den letzten Wochen, als sei sie aufgelebt; sie kam jetzt gern einmal in die Küche und sah Frau Elke hier hantiren; es war keine Rede mehr davon, daß ihre Beine sie nicht hätten dahin tragen können, seit eines Tages klein Wienke sie an der Schürze hier heraufgezogen hatte. Jetzt kniete das Kind an ihrer Seite und sah mit seinen stillen Augen in die Flammen, die aus dem Heerdloch aufflackerten; ihr eines Händchen klammerte sich an den Aermel der

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Theodor Storm:Der Schimmelreiter. Berlin: Gebrüder Paetel, 1888, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Storm_Der_Schimmelreiter.djvu/184&oldid=- (Version vom 1.8.2018)